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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Verleihung des alternativen Nobelpreises:

Bielefeld (ots)

Mann spricht nicht gern darüber. Frau übrigens
auch nicht. Aus unterschiedlichen Gründen wird sexuelle Gewalt gegen 
Frauen in Kriegs- und Nachkriegszeiten weiterhin tabuisiert.
Mann spricht nicht gern darüber, die Macht des Gewehrs in der Hand 
ausgenutzt und Frauen zur eigenen Befriedigung gedemütigt zu haben. 
Mann ist doch so gern ein Held.
Wenn Frauen das erlittene Unrecht verschweigen, kann das mehrere 
Gründe haben. Da ist an erster Stelle die natürliche Scham. Wer 
erzählt schon gern, wie es sich anfühlt, wenn die Frau nur noch Sache
ist - ganz am Boden, getreten, gedemütigt und gepeinigt? Und wer weiß
schon vorab, wie der Ehemann, der Partner, die Eltern, die 
Freundinnen und die Gesellschaft reagieren werden?
Viele Frauen, die es trotzdem versuchten, haben zudem die Erfahrung 
gemacht, dass niemand sie hören wollte. Warum? Weil ihre Berichte 
verstören. Weil sie den Frieden stören - nach dem Ende des Zweiten 
Weltkrieges auch in Deutschland. Und weil die Wahrheit über die 
fremden Freier das neue »gute Verhältnis« zu den Befreiern gefährden 
könnte. Die Tabuisierung und das Schweigen der Zeitgenossen aber 
verdoppeln regelmäßig das Leid, denn sie wecken in den Opfern das 
falsche Gefühl, selbst für das erlittene Verbrechen verantwortlich zu
sein.
Lange hat es gedauert, bis jemand aufstand, um den stimmlosen Opfern 
eine Stimme zu geben. Der alternative Nobelpreis ehrt in diesem Jahr 
zu Recht eine Kölner Ärztin, die sich nun schon 15 Jahre für die 
Opfer sexueller Gewalt einsetzt. Aufgerüttelt wurde die 
Deutsch-Italienerin Monica Hauser von den Massenvergewaltigungen in 
Zentralbosnien. Als wären sie nur Besitz von Männern, wurden sie dort
in schlimmster Weise misshandelt - um dem Kriegsgegner zu zeigen, wie
schwach er ist, da er nicht einmal seine Frauen beschützen kann. Gibt
es etwas Absurderes als eine solche Kriegs-»Logik«?
Und doch wiederholt sie sich in dieser und ähnlicher Weise weltweit 
immer wieder. Ob im Irak oder selbst heute nach dem offiziellen 
Kriegsende in Afghanistan, ob vormals in Ruanda oder nun in Sri 
Lanka, in Birma, im Kongo, Liberia, Sudan: Überall gibt es Frauen, 
die neben den »normalen« Kriegsfolgen sexuelle Erniedrigung und Leid 
zu erdulden haben. Darin eingeschlossen sind auch die verschleppten 
Mädchen, die in Bordellen blau behelmten Soldaten der 
UN-Friedenstruppen »zu Diensten« sein müssen. Die Übergriffe im Kongo
und anderswo zeigen, dass man niemandem vorab einen Heiligenschein 
zuerkennen sollte.
Was aber ist von jemandem zu tun, der das Glück hat, nicht in einem 
Kriegsgebiet zu leben?
Man soll darüber reden, wo immer es darum geht, ob wieder ein neuer 
Krieg angezettelt wird. Man muss den Opfern zuhören, wenn sich die 
Gelegenheit ergibt. Und man soll sich überall dafür einsetzen, dass 
die Täter bestraft werden. Denn nichts anderes kann sie abschrecken. 
Und nicht zuletzt sollte man Monica Hauser unterstützen -  und ihre 
Organisation Medica Mondiale.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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