Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Merkel und G20-Gipfel:
Bielefeld (ots)
Geld für die Armen, Regeln für die Reichen: Am Ende hat der G20-Gipfel das erreicht, was viele sich von ihm versprochen hatten. Die Finanzwelt wird neu geregelt. Im Kampf gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise haben die 20 wichtigsten Industriestaaten endlich einen gemeinsamen Plan. Eintausend Milliarden Dollar (812 Milliarden Euro) für die ärmeren Länder, schärfere Regeln für die Finanzmärkte, das Trockenlegen der Steueroasen - das sind die wichtigsten Maßnahmen, mit der sich die neue Weltregierung mit aller Macht gegen die Krise stemmen will. Kanzlerin Angela Merkel hatte schon vorher Ergebnisse gefordert, die »die Welt verändern«. Sie war zwar mit großen Zielen nach London gereist, aber kaum einer hatte ernsthaft damit gerechnet, dass am Ende ausgerechnet sie diesem Gipfel ihren Stempel aufdrücken würde. Am Ende folgte ihr sogar US-Präsident Barack Obama. Amerikaner und Briten, die traditionell auf sehr freie Märkte setzen, schlossen sich den Europäern an. Internationale Kontrolle, schwarze Listen für Steueroasen - das sind nur zwei wesentliche Punkte, bei denen sich Frankreichs Staatspräsident Sarkozy und Angela Merkel durchgesetzt haben. Angela Merkel ist ein Phänomen. Sie hat einmal mehr die deutschen und europäischen Interessen auf großer internationaler Bühne glänzend vertreten. Sie wirkt im Hintergrund, zieht in aller Ruhe die Fäden. Sie ist zurückhaltend, braucht keine Show. Sie wirkt kühl, ist taktisch klug. Der Basta-Stil und Wahlkampfgetöse sind nicht ihr Ding. Sie dient. Den Kasper können andere spielen. Staats- und Regierungschefs hören auf sie. Das war beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm so - und das war in London und auch am Freitag beim Besuch Barack und Michelle Obamas in Baden-Baden nicht anders. Angela Merkel ist wie Fußball-Bundesligist FC Bayern München: nicht gerade beliebt, aber am Ende erfolgreich. Selbst einige ihrer politischen Gegner wie Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und DGB-Chef Michael Sommer haben Merkel nach dem Gipfel gelobt. Und sogar CSU-Chef Horst Seehofer war ausnahmsweise nicht auf Krawall gebürstet. Angela Merkel habe »allen Anlass, Glückwünsche entgegenzunehmen«. Und der Hausforderer? Von Frank-Walter Steinmeier hat in dieser Woche kaum jemand etwas gehört. Sein Versuch, Angela Merkel mit seinen Versprechungen vor den Opelanern in die Falle zu locken, ist gescheitert. Die Opel-Mitarbeiter haben der Kanzlerin zugejubelt, nicht ihm - und das, obwohl Steinmeier den Opelanern die dickeren Geschenke versprochen hatte. Große Gipfel und Obama-Treffen sind jetzt vorbei. Der harte Alltag geht weiter. Noch ein paar Wochen regieren, dann beginnt der Wahlkampf. Merkel und die Union dümpeln in Umfragen um die 34 Prozent. Mehr sind derzeit offenbar nicht drin, trotz der Schwäche des politischen Gegners. Angela Merkel bleibt dennoch gelassen. Außenpolitisch ist sie unumstritten. Die Herausforderung als Wahlkämpferin steht ihr allerdings noch bevor.
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