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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Kindergrundsicherung

Bielefeld (ots)

Sozialverbände, Wissenschaftler, Gewerkschaften
- dieses Bündnis kann die Politik schon beeindrucken, immerhin 
verbergen sich dahinter etliche Stimmen und das ist im Wahljahr nicht
ohne Belang. Dieses Bündnis hat eine Rechnung vorgelegt: 
Existenzminimum plus Betreuungskosten belaufen sich derzeit auf rund 
500 Euro pro Monat. Sie sollten andere Transferleistungen für die 
Familien ersetzen. Sie nennen es Kindergrundsicherung. Da werden die 
zuständigen Minister Steinbrück und von der Leyen erstmal mit spitzem
Bleistift rechnen. Vielleicht lohnt es sich ja, vor allem wenn man 
Bafög, Ehegattensplitting und Existenzfreibetrag verrechnet. 
Vollmundig haben sie ja immer von den 184 Milliarden Euro geredet, 
die den Familien zugute kämen. Dass die Familien davon rund 140 
Milliarden selbst aufbringen, haben sie nicht gesagt.
So sympathisch der Vorschlag auf den ersten Blick auch ist, er bringt
einiges durcheinander. Das Ehegattensplitting ist keine Subvention 
für Kinder. Nur wenig Prozent der kinderlosen Ehepaare profitieren 
davon, für die anderen spielt es wegen des doppelten Einkommens keine
Rolle. Aber es stärkt die Einverdiener-Ehe mit Kindern. Und die ist 
demographisch und pädagogisch das Rückgrat der Gesellschaft. Ferner: 
Auch bei diesem Vorschlag bringen die Familien von den hundert 
Milliarden, die die Kindergrundsicherung kosten würde, wieder einen 
großen Teil selber auf, wenn man sie dem familiären Gesamteinkommen 
zurechnet und damit der Steuer und den Sozialabgaben unterwirft. Da 
wird Steinbrück sich freuen. Nicht nur, weil es kaum Mehrkosten 
bedeutet, sondern vor allem, weil man den Anspruch aufgibt, das 
tatsächliche Existenzminimum von mindestens 500 Euro plus Kindergeld 
einzufordern, so wie es das Bundesverfassungsgericht in manchen 
Urteilen schon tat. Jetzt würde die Argumentation für Steinbrück 
einfach: Wenn schon viele Sozialverbände diesen Anspruch aufgeben, 
warum soll man ihn dann noch ernst nehmen?
Richtig ist, dass das jetzige System bürokratisch, undurchsichtig und
ungerecht ist. Es auf einen 500-Euro-Schein zu vereinfachen, bringt 
jedoch nicht unbedingt mehr Gerechtigkeit. Die Lebenswirklichkeit der
Familien ist vielfältiger. Viele Familien würden bei diesem Vorschlag
verlieren (allein Kindergeld und Bafög machen oft schon 500 Euro 
aus). Man kann eben nicht alle Familien über einen Kamm scheren. Die 
Stoßrichtung stimmt. Aber: Warum nicht gleich einen Erziehungslohn 
fordern? Er würde die Leistung der Mütter honorieren, ihnen eine 
eigene Erwerbsbiographie ohne Lücken bieten, das am Erwerbslohn 
orientierte Denken durchbrechen, Arbeit als solche anerkennen und 
vieles vereinfachen. So wird man die Familie nicht wirklich retten 
und vermutlich auch nicht mehr Kinder bekommen. Vielleicht ist der 
Vorschlag noch zu zaghaft. Oder um es mit einem abgewandelten 
Greenpeace-Wort zu sagen: Wäre die Familie eine Bank, wir hätten sie 
längst gerettet. Dieser Vorschlag belässt es bei der kleinen 
Sparkasse.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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