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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zum Thema Beginn der Montagsdemos in Leipzig vor 20 Jahren

Bielefeld (ots)

Der 9. Oktober 1989 ist der Tag, an dem
unbändiger Mut die einzige friedliche Revolution begründete, die es 
jemals auf deutschem Boden gab. Nur wer sich die dramatischen Stunden
jenes Tages in Erinnerung ruft, wer die Berichte der Zeitzeugen 
studiert, wer noch einmal die Angst in ihren Augen sieht und aus 
ihren Worten hört, kann erahnen, was sich damals in den frühen 
Abendstunden im Zentrum von Leipzig abgespielt hat.
In einer Mischung aus Todesangst und Entschlossenheit gehen 70 000 
Menschen auf die Straße, um für Veränderung und den Aufbruch in eine 
neue Zeit zu demonstrieren. Jeder weiß, auf was er sich einlässt. 10 
000 Einsatzkräfte von Polizei, Nationaler Volksarmee, 
Bezirkskampfgruppen und Staatssicherheit sind aufmarschiert und haben
aufmunitioniert. Ihren Auftrag hat der DDR-Staatsratsvorsitzende 
Erich Honecker selbst formuliert: »Mit der Konterrevolution ist 
Schluss zu machen - ein für allemal.«
Doch es soll ganz anders kommen. Schon am Nachmittag nimmt Pfarrer 
Christian Führer 1000 SED-Funktionäre, die die Nikolaikirche lange 
vor dem Beginn des Friedensgebetes »besetzt« hatten, mit Worten in 
den Kreis der Gemeinde auf. Ein wertvoller Anfang ist gemacht.
Später das gleiche Bild auf dem Leipziger Ring: Die Menschen 
demonstrieren friedlich. Störer haben keine Chance. Das Motto der 
Montagsdemonstranten gilt: »keine Gewalt«. In ihren Hände tragen sie 
Kerzen, nicht Waffen.
 Ihr Ruf »Wir sind das Volk« hat sich in unser kollektives Gedächtnis
eingebrannt. Doch sie singen auch die Internationale. So reichen sie 
ihrem Gegenüber die Hand. Das Lied der sozialistischen 
Arbeiterbewegung wird quasi zur christlichen Geste. Laut tönt der 
Appell an die Einsatzkräfte: »Schließt euch an!« Solidarität, die 
entwaffnend wirkt. Noch heute heißt es treffend: »Mit Kerzen hatte 
die Stasi nicht gerechnet.«
Die Teilnehmer der Friedensdemonstration haben an diesem Abend das 
Licht in die Dunkelheit getragen. Sie haben gezeigt, dass es sich 
lohnen kann, für eine Sache zu kämpfen, mag es auch noch so 
aussichtslos erscheinen. Diese Leistung ist einmalig und kann doch 
Vorbild für uns sein. Was vor 20 Jahren in Leipzig seinen Anfang 
nahm, führte zur deutschen Wiedervereinigung und reichte weit darüber
hinaus.
 Der 9. Oktober 1989 war der Tag, an dem mutige Menschen in Leipzig 
alles gewagt haben und die Welt viel gewonnen hat. Der 9. Oktober 
gehört deshalb den Menschen, die ihn möglich gemacht haben. Der 9. 
Oktober ist für uns alle Mahnung, sich daran zu erinnern und danach 
zu handeln. Nicht nur heute, sondern immer.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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