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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Koalitonsverhandlungen

Bielefeld (ots)

Es ist bitterkalt geworden in Deutschland. Aber
nur meteorologisch. Von einer schwarz-gelben Kälte ist nichts zu 
spüren, obwohl die SPD im Wahlkampf so lautstark davor gewarnt hatte.
Vor allem Angela Merkel präsentiert sich in den 
Koalitionsverhandlungen regelrecht als Gralshüter der sozialen 
Gerechtigkeit. Jüngstes Beispiel ist die Hartz-IV-Reform, die viele 
tausende Empfänger von Arbeitslosengeld II finanziell besser stellt. 
Die geplanten Steuersenkungen, über die an diesem Wochenende beraten 
werden, kommen noch oben drauf.
Ganz besonders freundlich geht Merkel in diesen Tagen mit den 
Gewerkschaften um. Auf der 60-Jahr-Feier des Deutschen 
Gewerkschaftsbundes bekam sie sogar begeisterten Applaus. 
Mindestlöhne, Kündigungsschutz, Mitbestimmung - gravierende 
Änderungen wird es mit ihr an der Spitze der schwarz-gelben Regierung
nicht geben.
Angela Merkel ist die neue Sozialkanzlerin, nicht die Kanzlerin der 
sozialen Kälte. Sie ist nicht die Kanzlerin der Koalition, sondern 
aller Deutschen. Mit ihrem neuen Sozialkurs schlägt sie gleich 
mehrere Fliegen mit einer Klappe. Erstens: Sie gewinnt Vertrauen für 
Schwarz-Gelb. Zweitens: Sie hält sich die SPD vom Leib und besetzt 
das Thema soziale Gerechtigkeit ganz alleine. Da bleibt der 
politische Mitbewerber automatisch auf der Strecke. Zuletzt lagen die
Sozialdemokraten in Umfragen nur noch bei 20 Prozent. Somit ist der 
personelle Neuanfang längst verpufft. Drittens: Indirekt hält sie den
angeschlagenen CSU-Chef Horst Seehofer gekonnt auf Distanz. Der 
braucht Erfolge, die Merkel ihm weder gönnt noch gibt, weil sie ihn 
nicht wirklich leiden kann. Und viertens: Merkel bereitet schon jetzt
ihren nächsten Triumph vor. Denn bereits am 9. Mai 2010 wird in 
Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Das größte Bundesland 
ist die einstige Hochburg der Sozialdemokraten. Und auch hier will 
Merkel Schwarz-Gelb und ihren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers 
sicher durchs Ziel bringen, damit im Bundesrat nichts anbrennt. 
Unterstützung für ihren Kurs erhält Angela Merkel sogar aus dem 
gegnerischen Lager. So haben die NRW-Grünen bereits signalisiert, in 
Düsseldorf offen für »Jamaika« zu sein. Und weil die Linkspartei in 
NRW mit ihren Vorstellungen nicht mehr ernst zu nehmen ist, steht die
SPD plötzlich ganz ohne Partner da.
Bis zur Landtagswahl in NRW im Mai 2010 wird es keine Einschnitte 
geben. Ob sie danach nötig sein werden - und wenn ja in welchem 
Umfang, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird sein, wie sich der 
Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten entwickelt.
Während bei den Sozialdemokraten angesichts ihrer eigenen desaströsen
Lage und des neuen Sozialkurses der Union die Angst umgeht, wird 
Merkels Erfolg maßgeblich davon abhängen, ob die Wirtschaft im 
nächsten Jahr anspringt oder nicht. Sie spielt komplett die Karte 
Wachstum. Ob sie sticht, werden wir sehen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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