Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Magath und der Bundesliga
Bielefeld (ots)
Schuld ist Borussia Dortmund. Der Tabellenführer der Bundesliga spielt Fußball zum Nacheifern. Er liefert eine Saison der Superlative und ist gleichzeitig auch das angesagteste Rollenmodell: Wie die Schwarz-Gelben wollen gerade alle sein. Und selbst die Bayern nähmen gern diesen Trainer. Klopp sein Name. Nun ist bei weitem nicht jede Ballsportgruppe in der Lage, die Synthese herzustellen aus dem schieren Spaß am Spiel und dem Streben nach dem Sieg. Auch der FC Schalke 04 möchte eine solche Vorzeigemannschaft präsentieren, die Maßstäbe setzt und Meister wird. Dem Fußball-Lehrer Felix Magath trauen die Gelsenkirchener aber nicht mehr zu, eine Kombination von königsblauen Kickern zu erschaffen, die keine Wünsche offen lässt. Er soll im Sommer einpacken - zwei Jahre vor der Zeit, und obwohl Magath immerhin schon Zweiter war, das Team in die Champions League führte und den Pokal holen kann. Natürlich haben die Diskussionen um seine Person eine Menge mit dem abgefeierten Erzrivalen zu tun. Das schürt Neid, das muss weh tun: Alles, was sich Schalke vorstellt, ist ein paar Kilometer weiter in Vollendung zu bestaunen. Zu den gravierenden Unterschieden gehört, dass Magath die Menschen nie so hinter sich zu bringen weiß wie der kommunikative Klopp. Wer sich aber besonders im Revier den Fußball-Anhängern nicht zu öffnen vermag, hat es dort schwer. Sicher ließe sich jetzt auch über Führungsstil und Fachkenntnis streiten. Ganz so einfach wie man es sich vorstellen mag, ist es nicht: Junger Trainer, oder höchstens einer im mittleren Alter, stellt eine U 23 mit flacher Hierachie zusammen, die mit dem Elan der Jugend die Etablierten überrollt und nach den Sternen greift. Die Elf der Träume ist gierig, stilbildend, hält das Niveau über Jahre und begründet eine Epoche. Nicht einmal Millionen sind nötig, auch Kleingeldklubs können das, weil sie fehlendes Vermögen durch großes Geschick ersetzen. Hört sich nach Grimms Märchen an, doch Ansätze gibt es. Zu sehen nicht nur in Dortmund, sondern auch in Mainz, Hannover, Nürnberg, Freiburg. Da ist sicher auch Glück im Spiel. Nur der Trend geht schon weg vom vorsichtigen Verwalten zum selbstbestimmten Schalten - unter Beibehaltung der Defensiv-Offensiv-Balance. Trainer, die den Umgang mit ihren Profis so wenig redselig wie möglich anlegen und sich allenfalls ohne nennenswerte Gegenrede über Konzepte und Perspektiven unterhalten, wollen da nicht recht reinpassen. Was nicht heißt, dass man die Klopps, Dutts und Tuchels überall hinsetzen kann und sie feinsten Fußball, Emotionen und Effizienz durch Anwesenheit automatisieren. Fußballvereine sind ein fragiles Gefüge, oft von Ungeduld und übertriebenen Erwartungen geprägt. Ist dies mit einem vollmundigen Meisterschaftsversprechen verbunden, wie es Magath für den FC Schalke 04 bis 2013 gab, kann es schnell zum Rauswurf kommen, wenn ihm keiner mehr glaubt. Oder ausgerechnet der ungeliebte Nachbar sich anschickt, Platz 1 zu okkupieren. Der Beneidete wird sich etwas unter den Nagel reißen, worauf der Rivale seit 53 Jahren wartet.
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