Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundeswehrreform
Bielefeld (ots)
»Nebel ahoi!« heißt es heute bei dem ABC-Abwehrbataillon 7 in Höxter, wenn die Soldaten endlich freie Sicht auf ihre Zukunft haben werden. Eineinhalb Jahre schon warten die 1000 Männer und Frauen in Uniform auf diesen Tag, an dem Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) die Entscheidung über das Wohl und Wehe der Garnisonsgemeinden offiziell bekannt geben wird. Neben Höxter sind bundesweit 400 Standorte mit 209 000 Soldaten betroffen. Mindestens 30 bis 40 Standorte werden dicht gemacht. Die Folgen für jede einzelne Stadt sind derzeit noch nicht absehbar. Die tatsächlichen Sorgen und Nöte einer Garnisonsgemeinde kann man aber nur dann verstehen, wenn man selbst in einer lebt. 1000 Soldaten weniger - für Höxter mit 14 500 Einwohnern in der Kernstadt wäre der Wegbruch eine Katastrophe. Der Supermarkt nebenan, die Pizzeria auf der anderen Straßenseite, die Autowerkstatt und die Tankstelle, das Bekleidungsgeschäft und der Handwerksbetrieb - sie alle leben von und mit der Bundeswehr. Ohnehin befindet sich die Bevölkerung am östlichsten Zipfel Nordrhein-Westfalens auf dem Rückzug. Bis 2030 wird ein Bevölkerungsrückgang von mehr als 18 Prozent (6000 Menschen) prognostiziert. Der Verlust des Bundeswehrstandortes würde den Landflucht-Effekt zusätzlich anheizen und den Schwund an Menschen wohlmöglich noch vergrößern. Der Verlust an Kaufkraft, der Verlust an Aufträgen von der Bundeswehr an die heimische Wirtschaft, der Wegbruch sozialer Kontakte und der Zugewinn einer 20 Hektar großen Kasernenfläche kann eine Kleinstadt ohne Hilfe von Außen nicht verkraften. Hinzu kommen die persönlichen Beziehungen, die zwischen den Menschen vor und hinter dem Kasernenzaun bestehen. Es gibt langjährige intensive Freundschaften in Vereinen sowie aktive Patenschaften mit den Dörfern. Generell gilt: Die meisten Soldaten sehen die Notwendigkeit für den anstehenden Umbruch innerhalb der Streitkräfte ein. Nur viele von ihnen sind an einem Punkt angekommen, wo ihnen das ständige Transformieren und Reformieren zu weit geht. Es ist ein Alarmsignal, wenn bei einer Umfrage des Bundeswehrverbandes zwei Drittel der Befragten sagen, sie würden den Soldatenberuf nicht weiterempfehlen. Ein Grund ist sicher der Wunsch nach einem privaten Ankerpunkt. Das ABC-Abwehrbataillon 7 in Höxter stellt seine Spezialisten für Einsätze in der ganzen Welt zur Verfügung. In diesem Jahr erst waren große Kontingente in Afghanistan und im Kosovo. Die Spezialisten waren sogar bei der Atomkatastrophe in Japan im Gespräch für einen Einsatz. Diese Aufgaben können sie natürlich auch von jedem anderen Standort in Deutschland aus leisten. Aber dennoch: Die Bundeswehr ist für Höxter und Höxter für die Bundeswehr mehr als nur ein Standort. Es ist ein enges Beziehungsgeflecht, in das keine Löcher gerissen werden dürfen.
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