Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum NRW-Etat
Bielefeld (ots)
Ein wahrer Hans im Glück ist unser Landes-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Vor einem Jahr findet er unerwartet 1,3 Milliarden Euro, dann verliert er zwar vor dem Verfassungsgericht mit seinem von der Linken mitgeplanten Schuldenetat 2011 und wird zurück auf den Pfad der Tugend gezwungen. Das beschert ihm aber neue Freunde, diesmal bei den Liberalen. Die wollen ihm eventuell aus der Minderheitsmisere helfen - und auf dem Weg dahin regnet es Sterntaler aus einem Himmel der Hochkonjunktur.
Die Steuereinnahmen sprudeln wie noch nie und so kräftig, wie vielleicht nie wieder. Wann, wenn nicht jetzt, kann man sparen bis es kracht? Endlich mal Schulden zurückzahlen, das wär's. Nicht so in NRW 2012. Nichts wird getan zur Gesundung der Finanzen. Absolut fahrlässig.
Alles, was unerwartet an Milliarden hereinkommt, wird stattdessen eins zu eins ausgegeben. Man könnte in Fortsetzung der Eingangsgeschichte auch sagen: Erst fand er 1,3 Milliarden, 2011 sogar 3,1 Milliarden, aber er wusste sein Glück nicht zu nutzen. Die bürgerliche Opposition beklagte gestern also zu Recht einen neuen Schuldenhaushalt. Ein Schreck in der Morgenstunde war für Rot-Grün vor allem die schroffe Abfuhr durch die FDP. Statt freundlicher Signale hinsichtlich der in Aussicht gestellten Zustimmung bei den Schlussberatungen Ende März, zog FDP-Fraktionschef Gerhard Papke klare Kante. Bei vier Milliarden neuen Schulden machen die Liberalen nicht mit. So sein unmissverständliches Signal. Offen ließ Papke dagegen, bei welchem Abschlag das gelbe Licht zur Haushalts-Ampelkoalition möglicherweise zugeschaltet würde. Der Basar ist eröffnet.
Die Gelben nehmen vor allem die Grünen aufs Korn. Für deren industriefeindliche Politik gibt es handfeste Beispiele: Europas größte Bauruine in Datteln, das kommende Klimaschutzgesetz und der Planungstopp für 157 Straßenbauprojekte. Voll ins Visier gerät dabei der grüne Umweltminister Johannes Remmel. Der fiel bei den Buchprüfern der FDP gleich mehrfach auf. 100 Planstellen extra, einen satten Zuschlag auf seinen Etat, das Desaster mit dem Kanal-TÜV und - unausgesprochen - wohl auch das Projekt Nationalpark OWL könnten Themen bei den Gesprächen von Rot-Grün mit der FDP sein. Damit ist der Kostenrahmen abgesteckt. Sozialdemokraten werden weniger Probleme mit dem Stimmendeal haben als die Grünen. Papkes Angebot wird Keile ins rot-grüne Lager treiben.
Aber! Die FDP spielt alles oder nichts. Lässt sie den Haushalt platzen, heißt das Neuwahlen und womöglich Rauswurf aus dem Landtag. Regierungschefin Hannelore Kraft muss unbedingt herausfinden, ob am Ende nicht doch ein kleiner gelber Sandkasten neben der grünen Spielwiese Wunder wirkt. So etwas könnte ihren Etat durchs Ziel bringen.
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