Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Schlecker
Bielefeld (ots)
Schlecker ist am Ende. Die noch vor wenigen Jahren größte Drogeriekette in Europa hat keine Zukunft mehr. Gründe für das Aus gibt es viele. Die unattraktiven Geschäfte. Die spartanische, wenig kundenfreundliche Inneneinrichtung. Das Billigimage, das jedoch gerade in dieser Hinsicht mehr versprach, als es hielt. Der demotivierende Umgang der Eigentümer mit den Mitarbeitern. Das über die längste Zeit der Unternehmensgeschichte fehlende Controlling. Die fehlende Offenheit der Eigentümer für externe Beratung. Fehler des Managements, das selbst dann noch auf Expansion und Masse setzte, als schon zwei von fünf Schlecker-Filialen rote Zahlen schrieben... Einige andere Gründe werden jetzt von interessierten Kreisen nachgeschoben. Doch weder der Bundeswirtschaftsminister, der sich gegen staatliche Hilfen für Schlecker stemmte, noch der Insolvenzverwalter, dem es nicht gelang, einen Käufer zu finden, sind wirkliche Ursachen für das Aus. Es fehlte die unternehmerische Perspektive, um Schlecker eventuell unter neuer Eigentümerschaft weiter zu führen. In dieser Situation kann es jetzt nur noch darum gehen, möglichst viele der mehr als 13 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst schnell wieder in Lohn und Brot zu bringen. Die Belegschaft wird Schlecker naturgemäß vermissen. Aber darüber hinaus? Es klingt brutal, aber es ist wahr: Der deutsche Einzelhandel braucht Schlecker nicht. Es gibt genug andere Drogerien (dm, Rossmann, Müller) und genug andere Discounter (Aldi, Lidl, Penny, Netto). Sicher finden sich Orte und Flecken in Deutschland, aus denen sich nun mit Schlecker der letzte Einzelhändler vor Ort verabschiedet. Doch ihre Zahl ist klein geworden, seit Schlecker selbst vorzugsweise Filialen auf den Dörfern geschlossen hat. Zudem entstehen gerade neue Formen von Tante-Emma-Läden, die für die ländliche Bevölkerung attraktiver sind. Und die Eigentümerfamilie? Wird man sie vermissen? Kaum. Das Mitleid mit dem Gründer Anton Schlecker hält sich nach wie vor sehr in Grenzen. In Ehingen bei Ulm, dort wo die Drogeriekette 1975 ihren Anfang nahm und die Familie Schlecker bis heute wohnt, muss man für eine Erklärung nicht lange suchen. »Ach wissen Sie«, sagte jemand, der mit der Situation vor Ort sehr vertraut ist, »von den Schleckers, da sieht man hier nie jemanden. Die haben sich ganz abgekapselt und genießen ihren Reichtum.« Ob sie ihn vor allem zum Schluss wirklich noch genossen haben, darf man eher bezweifeln. Aber von einem Unternehmer erwartet man heute, dass er auch gesellschaftliche Verantwortung übernimmt - insbesondere an dem Ort, wo er lebt und wo sich die Zentrale des Unternehmens befindet. Vor drei Jahren, als in eben jener Gegend der Schwäbischen Alb das Pharmaunternehmen Merckle unter dramatischen Umständen Insolvenz anmelden musste, war die Anteilnahme der regionalen Bevölkerung viel größer als heute bei Schlecker.
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