Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Banklizenz für ESM
Bielefeld (ots)
Eine alte Weisheit unter Bankern sagt: Schicke schlechtem Geld nicht noch gutes hinterher. Gemeint ist mit diesem Spruch: Sollte ein Projekt nicht die beim Abschluss erwartete Rendite abwerfen, versuche nicht unbegrenzt, es durch noch mehr Geld rentabel zu machen. Schon mit Beginn der Finanzkrise geriet manche Bankerweisheit in Vergessenheit. Der Trend verstärkt sich in der Eurokrise. Das gute Geld, das uns verloren geht, ist immerhin der Ertrag einer jahrzehntelangen harten Arbeit an der Währung durch die europäischen Notenbanken, voran der Deutschen Bundesbank. Das schlechte Geld, das uns droht, ist ein weicher Euro, wie er durch die Maastricht-Verträge auf jeden Fall verhindert werden sollte. Erhielte der Rettungsschirm ESM tatsächlich eine Banklizenz, wäre das schlimmer als das zu Recht kritisierte Modell der Eurobonds. So oder so ähnlich soll das neue Modell funktionieren: Ein Staat der europäischen Währungsunion, nehmen wir aus Plausibilitätsgründen einfach mal Spanien, kann seine Anleihen nicht mehr zu einem für das Land noch akzeptablen Zinssatz am freien Kapitalmarkt platzieren. Also greift Mariano Rajoy, der Ministerpräsident, in Madrid zum Telefon und bittet den ESM-Chef, doch die Anleihen zu kaufen. Das Geld stellt die Europäische Zentralbank zur Verfügung. Hat sie es nicht, dann lässt sie es eben drucken. So haben es feudale Herrscher jahrhundertelang getan - zum Schaden ihrer Völker und ihrer Kreditgeber, die die Folgen der Geldentwertung zu tragen hatten. Die negativen Konsequenzen der Geldentwertung werden nicht nur die Menschen in jenen Staaten tragen müssen, deren Regierungen vernünftig wirtschaften. Vielmehr schädigt eine Inflation alle Bürger, die es ernst damit meinen, in guten Zeiten Vorsorge zu treffen und zu sparen. Die Euro-Rettung ist eine gute und eine wichtige Solidaraufgabe. Dabei geht es schließlich auch um das politische Europa, um Frieden und Freiheit in Sicherheit. Irgendwann allerdings ist der Punkt erreicht, an dem sich die Menschen fragen: Ist das noch unser Euro? In einer Solidargemeinschaft muss es natürlich Türen geben, durch die Staaten in Not geholfen werden kann. Aber es dürfen keine Schleusen geöffnet werden. Vertrauen in die Europäische Zentralbank ist gut. Doch seitdem sie ihren Grundsatz, keine Kredite von Mitgliedsstaaten auf Kosten der Solidargemeinschaft zu finanzieren, ein Mal aufgegeben hat, sind Skepsis und ein Mindestmaß an Kontrolle angebracht. Diese ist nur sicherzustellen, wenn die Regierungen noch gefragt werden müssen, ob sie weitere Gelder für Rettungsschirme zur Verfügung stellen. Die internationalen Finanzmärkte mögen einen Weg, wie er jetzt selbst von EU-Kommissaren vorgeschlagen wird, gutheißen. Doch die Märkte müssen auch nicht vorsorgen. Sie gehen einfach weiter, sobald ihnen anderswo eine höhere Rendite winkt.
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