Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Handball-WM
Bielefeld (ots)
Am 4. Februar 2007 sahen 16,17 Millionen Menschen das Finale der Handball-WM zwischen Deutschland und Polen in der ARD. Das bescherte dem Ersten einen Marktanteil von 58,3 Prozent. Fünf Jahre später freuten sich mehr als acht Millionen Zuschauer mit, als die Beach-Boys Jonas Reckermann/Julius Brink Olympia-Gold gewannen. Es geht also: Eine Trend- oder Randsportart und die zweitpopulärste Ballsportart in Deutschland locken Zuschauer an. Der Handball schafft dabei sogar Zahlen, die denen des Fußballs ähneln. Wobei wir schon beim Problem sind: Der große Bruder kassiert das Geld und zusätzlich noch die mediale Verbreitung, die das übertragene Event dann zusätzlich interessant macht für die werbende Wirtschaft. Natürlich ist es so, dass von den knapp 27 Millionen im Deutschen Olympischen Sportbund Organisierten die relativ meisten Fußballer sind (rund sieben Millionen). Das heißt aber auch, dass die absolute Mehrheit sich für mindestens eine weitere Art der Leibesertüchtigung begeistern kann. Dies interessiert die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wenig. Die pumpen einen Großteil der Fernsehgebühren in wenige Trends, sogar für eine der teuersten Sportmarken, die Fußball-Champions-League, ist Geld da. In den guten alten Zeiten - die eben auch alt und nie nur gut waren - war das anders. Da fanden sich Randsportarten im TV wieder. Allerdings auch gerne mal gegen Bezahlung, also, die Sportverbände mussten zahlen, damit das TV übertrug. Aber immerhin. So konnten wenigstens die Sponsorengelder generiert werden, die helfen konnten, Einnahmeeinbußen in anderen Bereichen auszugleichen. Aber natürlich ist es zu billig, die Geld- und Wahrnehmungskluft allein auf die TV-Anstalten zu schieben. So sagte die aktuelle Volleyball-Botschafterin Tanja Hart-Schneider selbstkritisch über ihre Sportart: »Bei uns ist es ja verpönt, Star zu sein. Da gilt vor allem das Team. Aber vielleicht müssen wir auch mal einen entwickeln.« Ganz ohne Helden geht es eben nicht. Aber mit ihnen funktioniert es leider auch nicht immer. So bleibt Tischtennis trotz Timo Boll in der Nische. Und ob sich der Biathlon-Run ohne Magdalena Neuner halten wird . . . Und beim Handball? Da fällt den Meisten außerhalb der Handball-Region Ostwestfalen-Lippe der Name Stefan Kretzschmar ein. Der spielt seit 2007 allerdings nicht mehr. Und Heiner Brand ist, bei allem Respekt für den Weltmeister und Weltmeistermacher, auch nicht gerade das, was man einen hippen Typen nennt. In den nächsten zwei Wochen hat der Handball wieder seine große Chance. Seine letzte? Die des Wintermärchens 2007 hat er richtig böse vertändelt. Jetzt sollte er zeigen, dass große Männer große Quote garantieren. Und die TV-Anstalten sollten lernen: Guter Sport präsentiert garantiert gute Quote. Und das tut TV und Sport gut.
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