Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Thomas de Maizière
Bielefeld (ots)
Organisationsmängel, Defizite bei der internen Kommunikation und überholte Traditionen: Erst nach einer Amtszeit von zwei Jahren will Thomas de Maizière die Fehler im Verteidigungsministerium erkannt haben. Das reicht nicht als Rechtfertigung für ein Verbleiben im Amt. Die Zeit bis zur Bundestagswahl wird für den CDU-Politiker ungemütlich. Nach den Linken fordert auch die SPD seinen Rücktritt. Denn die Einarbeitungszeit hat de Maizière schon lange hinter sich. Als Kanzleramtsminister hat er seine Stärken als Organisator im Hintergrund ausspielen können. De Maizière ist nicht der typische Parteipolitiker, der sich nach einer langen Ochsentour nach oben gearbeitet hat, sondern eher der fähige Ministerialbeamte, der Mitglied der CDU ist. Vor genau zwei Jahren hatte de Maizière die Eckpunkte der Bundeswehrreform vorgestellt und dafür zu Recht Lob von allen Seiten erhalten. Schon damals hatte er versprochen, die Rüstungsbeschaffung grundlegend zu reformieren. Mehr als diese Ankündigung ist dem Verteidigungsminister in dieser Sache nicht gelungen. Da hat er ganz persönlich versagt. Immerhin gibt der Minister Fehler zu, reicht die Verantwortung aber weiter an seine beamteten Staatssekretäre. Die können nach dem gestrigen Auftritt ihres Chefs damit beginnen, ihre Büros aufzuräumen. Denn ihre Entlassung dürfte bereits beschlossene Sache sein, auch wenn sich de Maizière gestern noch nicht festlegen wollte. Das Desaster um das Drohnen-Projekt »Euro-Hawk« macht deutlich, dass sich der Minister selbst bisher kaum um die Rüstungsbeschaffung gekümmert hat. »Ich wurde unzureichend eingebunden«, musste de Maizière zugeben. Wer trägt dafür die Verantwortung, wenn nicht er? Zu lange haben die beamteten Staatssekretäre die Zulassungsprobleme, die letztlich zum Stopp des Drohnen-Projektes geführt haben, klein geredet - auch ihrem Chef gegenüber. Seit Februar 2012 wussten die Staatssekretäre Rüdiger Wolf und Stéphane Beemelmans von den Schwierigkeiten, haben das aber für sich behalten. Sie waren es auch, die am 10. Mai das deutsche Aus für »Euro-Hawk« beschlossen haben. Erst drei Tage später will der Minister davon erfahren haben. Es sei eine schlechte Tradition im Verteidigungsministerium, Unangenehmes von dem Minister fernzuhalten. Um das zu ändern, forderte de Maizière weitere Jahre im Amt. Wenn es allein nach der Kanzlerin ginge, wird de Maizière dazu Gelegenheit haben. Denn vor der Wahl will sie Unruhe im Kabinett vermeiden. Ob ihr das gelingt, liegt am Verteidigungsminister und an der Opposition. SPD, Grüne und Linke wollen de Maizière erst im Verteidigungsausschuss, dann im Bundestag in die Mangel nehmen. Wenn der Minister seinen Kopf aus der Schlinge ziehen will, muss er mehr liefern als gestern.
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