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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundestagswahl

Bielefeld (ots)

Angela Merkels Triumph, die historische Niederlage der FDP, eine SPD, die nicht weiß, ob sie lachen oder weinen soll und insgesamt Hochspannung bis zur letzten Minute: Das Drehbuch der Bundestagswahl hätte ein Krimiautor nicht besser schreiben können. Welch eine Wahl! Deutschland wird mit einiger Wahrscheinlichkeit von einer Großen Koalition regiert werden. Ein schwarz-grünes Bündnis ist zwar auch rechnerisch möglich, aber mindestens so unwahrscheinlich wie Rot-Rot-Grün.

Die große Siegerin des Abends heißt Angela Merkel. Sie bleibt Bundeskanzlerin. Die CDU-Vorsitzende hat für die Union ein Sensationsergebnis geholt. Sollte es noch zu einer absoluten Mehrheit reichen, steht sie auf einer Stufe mit Konrad Adenauer, der dieses 1957 schaffte. Bis heute hat ihm das keiner der CDU-Politiker nachmachen können. Mit Angela Merkels großen Beliebtheitswerten im Rücken hat die Union ihr bestes Resultat seit fast 20 Jahren geholt. Eine »4« als erste Ziffer des Ergebnisses hatte es lange nicht gegeben, zuletzt 1994 unter Helmut Kohl (41,4 Prozent).

Die FDP hat gestern den schwärzesten Tag in ihrer Geschichte erlebt. Die Liberalen haben fast zwei Drittel ihrer Wähler verloren. Eine vergleichbare Niederlage hat es für die FDP noch nie gegeben. Unter fünf Prozent bei einer Bundestagswahl - das ist bitterböse Realität für eine Partei, die am Abgrund steht. Als Bundesminister sind Philipp Rösler, Guido Westerwelle, Daniel Bahr, Dirk Niebel und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Geschichte.

Obwohl das Ergebnis knapp ist, spricht vieles für eine Große Koalition wie in den Jahren von 2005 bis 2009. Nur mit dem riesengroßen Unterschied, dass die Union diesmal etwa sieben Prozent stärker und die SPD fast acht Prozent schwächer ist. Die internen Kräfteverhältnisse sind völlig anders. Das hat gravierende Auswirkungen, nicht nur auf die Anzahl der Ministerposten, sondern insgesamt auf den Einfluss der Partei innerhalb der Regierung.

Sollte es nicht zu einer absoluten Mehrheit kommen, hätte die SPD wieder Regierungsverantwortung. Aber so richtig freuen kann die Partei sich darüber nicht. Denn es könnte genau das eintreten, wovor sich die Sozialdemokraten am meisten fürchten: Merkels Steigbügelhalter zu sein, ohne eigene Akzente setzen zu können. Das musste die Partei schon einmal erleben. Die Folge: 2009 erlitt die SPD einen dramatischen Wählerstimmenabsturz bei der dann folgenden Bundestagswahl.

Peer Steinbrück war trotz seiner Aufholjagd für die SPD der falsche Kandidat. Er hinterlässt eine Partei, die eigentlich nach links will, aber auf Merkels rechtem Schoß gelandet ist. Die Sozialdemokraten werden mitregieren, aber gleichzeitig auf den Tag X lauern, um die Große Koalition beenden zu können. Das geht aber nur, wenn Angela Merkel einen Fehler macht, amtsmüde wird oder die SPD plötzlich eine Renaissance erlebt.

Die Grünen sind in der Realität angekommen. Ihre Themen haben nicht gezogen. Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt müssen sich fragen, ob es richtig war, Steuererhöhungen für Gutverdienende zu wollen - und das, obwohl mittlerweile viele Gutverdienende Grünen-Wähler sind.

Nach dieser Wahl werden wir wohl erst heute ganz genau wissen, ob Deutschland von einer Großen Koalition oder einer CDU/CSU-Alleinregierung geführt wird. Es bleibt also spannend.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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