Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst
Bielefeld (ots)
Wer gedacht hatte, das Desaster um den Neubau des Limburger Bischofssitzes und Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst persönlich sei nicht mehr zu steigern, sieht sich nach diesem Wochenende eines Besseren belehrt. Leider! Zum peinlichen Verwirrspiel um die Reise des Bischofs nach Rom kommen neue, noch schwerwiegendere Vorwürfe gegen seine Amtsführung. Egal wann, wie und was der Vatikan entscheidet: Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sein Amt längst verloren. Und würde ihn Rom, aus welchen Gründen auch immer, über den Verlauf dieser Woche auf dem Stuhl des Bischofs halten, wäre der Kirchenmann erst recht verloren. Und das nicht etwa wegen der harschen Kritik in den Medien und in weiten Teilen der Öffentlichkeit, sondern wegen des mutigen Zorns der vielen ihm einstmals anvertrauten Christen. Nicht ohne Grund haben es die Gläubigen gestern auf dem Limburger Kirchplatz zur Mittagsstunde 13 schlagen lassen. Nein, da waren keine übereifrigen Journalisten auf der Jagd nach neuer Beute am Werk und auch keine kirchenfernen Atheisten auf der Suche nach neuen Belegen dafür, dass Gott nicht sein kann. Katholiken selbst sind es, die gegen die Geschehnisse im Bistum Limburg auf die Straße gehen. Engagierte Christen, die sich einmischen und ihrer Wut, ihrem Frust, aber auch ihrer Enttäuschung Luft machen. Auch das kannte man so lange nicht in der katholischen Kirche. Seit seinem Amtsantritt erhebt Papst Franziskus unablässig seine Stimme für mehr Demut und Bescheidenheit. Seine Botschaften haben auch die nicht-katholische Welt aufhorchen lassen, und sie dürften viele Gläubige von Neuem ermutigt haben. Nun war offenkundig auch in Limburg ein Punkt erreicht, an dem die Kirchenmitglieder nicht mehr länger zu schweigen bereit sind. Der Protest gegen Bischof Tebartz-van Elst bricht sich Bahn - mit immer größerer Macht. Und soll dieser Skandal überhaupt etwas Gutes, soll dieses Trauerspiel überhaupt etwas Ermutigendes haben, so ist es genau diese Reaktion der Christen, die ihren Glauben und ihre Kirche gegen die Inbesitznahme durch Einzelne, und mögen diese auch in höchsten Ämtern sein, selbstbewusst verteidigen. Das ist gut - ja, das ist auch gut katholisch! Freilich bleibt allen Selbstreinigungskräften zum Trotz ein gewaltiges Unbehagen. Gipfelnd in der Frage, warum die Vorwürfe plötzlich so konzentriert vorgetragen werden, dass es fast konzertiert wirkt. Was zur Verteidigung des Bischofs natürlich ganz und gar ungeeignet ist, weckt doch den Verdacht, dass Tebartz-van Elst nun als alleiniger Sündenbock herhalten soll. Dabei dürfte er in diesem Skandal wohl kaum der Einzige sein, der sich etwas hat zuschulden kommen lassen. Mit einer Demission des Limburger Bischofs wird dieser Fall ganz gewiss nicht zu den Akten gelegt werden können. Die Kirche hat weit mehr aufzuräumen, als einen Bischofsstuhl freizuräumen.
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