Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Atomstreit mit dem Iran
Bielefeld (ots)
Das Fenster für Verhandlungen im Atomstreit mit dem Iran bleibt nicht für immer geöffnet. In nicht allzu ferner Zukunft hat der Gottesstaat genügend hoch angereichertes Uran und funktionierende Anlagen, um jederzeit eine Nuklearwaffe bauen zu können. Zu diesem Zeitpunkt müssten Amerikaner und Israelis Farbe bekennen. Entweder sie greifen die Atomfabriken des Regimes an oder sie leben mit der Gefahr eines nuklear bewaffneten Irans. Letzteres kommt weder für den militärischen Falken Benjamin Nethanyahu noch für Friedensnobelpreisträger Barack Obama in Frage. Der US-Präsident steht im Wort, eine Atombombe in der Hand der Mullahs zu verhindern. Das sich überraschend abzeichnende Zwischen-Abkommen von Genf verschafft der Diplomatie eine Atempause. Es beseitigt nicht die grundlegenden Probleme des Atomstreits. Iran ist weder bereit die Urananreicherung aufzugeben. Noch verzichten Amerikaner und Europäer auf die schmerzhaften Sanktionen. Aber das Verhandlungsfenster bleibt ein wenig länger geöffnet. So gesehen zielt die Kritik der Israelis und Saudis an der Annäherung von Genf glatt am Ziel vorbei. Es sei denn sie hatten auf eine unvermeidbare militärische Konfrontation mit einem ungeliebten Regime gesetzt, die einmal mehr die Supermacht USA für sie in der Region ausfechten sollte. Was Netanyahu und König Abdullah als Nachgiebigkeit interpretieren, ist ein cleverer Schachzug Obamas. Der Westen gibt mit dem angestrebten Atomdeal nichts auf, sondern gewinnt Kontrolle. Um das Abkommen zu überwachen, muss Iran nämlich Einblicke liefern, die es vorher bestenfalls über den Umweg der Geheimdienste gab. Die Zentrifugen zur Urananreicherung werden damit nicht abgeschafft und die Blaupausen für den Bau eines Schwerwasser-Reaktors, der Plutonium produziert, nicht eingestampft. Aber es wird überprüfbar die Pausetaste gedrückt. Sofern sich das Regime nicht an die Vereinbarung hält, können die Sanktionen per Knopfdruck weiter angezogen werden. Unter diesen Bedingungen stellt sich eher die Frage, ob der starke Mann in Teheran Ayatollah Ali Chamenei seinen Unterhändlern den Segen für den in Genf erhofften Durchbruch erteilt. Wenn er darüber nachdenkt, kann das angestrebte Abkommen für Teheran nur den Anfang vom Ende des Traums einer schiitischen Atommacht bedeuten. Nicht zur Disposition steht die Sicherheit der amerikanischen Freunde in der Region. Niemand profitierte mehr von einem Ende der Eiszeit als die Bürger Israels. Eine konstruktivere Rolle des Iran könnte sich von Syrien über Libanon bis hin zu einem Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern positiv auswirken. Die Fünf-Plus-Eins-Unterhändler sollten die Gunst der Stunde nutzen, den Fokus der Gespräche zu erweitern. Fortschritte in der Atomfrage, könnten helfen, auch in anderen Bereichen Vertrauen aufzubauen.
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