Westfalen-Blatt: zur Versteigerung von Kunst
Bielefeld (ots)
Andy Warhol machte aus Kommerz Kunst. Konsumgüter dienten ihm als Motive für seine Werke, zum Beispiel für das berühmte Bild mit den Suppendosen von Campbell's. Jetzt hat der Casinobetreiber Westspiel - Ironie der Geschichte - aus Warhols Kunst Kommerz gemacht. Bei der Versteigerung der beiden Werke »Triple Elvis« und »Four Marlons« hat er gut 120 Millionen Euro erlöst. Der Vorgang ist einerseits bedauerlich, andererseits aber nur konsequent. Der Kunstmarkt boomt, und weil Westspiel Geld für die defizitären Casinos braucht, war es aus Sicht der Tochter der landeseigenen NRW-Bank nur logisch, jetzt das Auktionshaus Christie's einzuschalten. Die Rechnung ist aufgegangen, die erlöste Summe liegt über der erwarteten. Privatleute - vor allem in China, Indien, Südamarika, aber auch in Europa - haben Kunst als Liebhaberei entdeckt, als Instrument, um sich von anderen abzuheben, um erlesenen Geschmack vorzuführen. »Geltungskonsum« nennen Wissenschaftler dieses Verhalten der Neureichen, die bereit sind, unglaubliche Summe zu zahlen. Zuletzt ging Alberto Giacomettis »Chariot« für umgerechnet 81 Millionen Euro an einen Hedgefonds-Milliardär, im vergangenen Jahr sicherte sich ein Bieter das Triptychon »Three Studies of Lucian Freud« (Drei Studien von Lucian Freud) von Francis Bacon für 106 Millionen Euro. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn Museen in Nordrhein-Westfalen die beiden Warhols bekommen hätten. Aber Kunst ist kein in Watte gepackter Bereich, für den die Gesetze der Marktwirtschaft nicht gelten würden. Westspiel wollte mit den Bildern Kasse machen, und die finanziell klammen Museen wären gar nicht in der Lage gewesen, so hohe Summen aufzurufen, wie sie dem Verkäufer vorschwebten. Zudem hatte die Landesregierung der Versteigerung zugestimmt, weil auch sie davon profitieren will. Im Haushalt klaffen dicke Löcher. Wie prekär die Finanzsituation mancher Ausstellungshäuser ist, wurde erst am Dienstag wieder deutlich. Das renommierte Museum Ludwig brauche kurzfristig 1,33 Millionen Euro, hieß es aus Köln. Steigende Kosten für Versicherung, Sicherheit und Brandschutz setzen den Museumsdirektoren schwer zu. Nur noch die größeren Häuser können sich hochkarätige Ausstellungen oder Neuerwerbungen leisten. Ein Beispiel: Die Sigmar-Polke-Schau im Sommer im Moma in New York hatte einen Wert von etwa einer halben Milliarde Euro! Allein die Versicherungssumme betrug bis zu einer Million. Vor dem Hintergrund eines florierenden Kunstmarkts, auf dem die Preise für Werke bestimmter Künstler explodieren, und der wachsenden Versuchung für landeseigene Banken und Betriebe, aus Kunst Kapital zu schlagen, wirkten die Proteste der Museumschefs in NRW gegen die Auktion von Anfang an hilflos. Immerhin wäre es für sie ein kleiner Trost, würde das Land die Einnahmen wieder in die Kunst investieren.
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