Westfalen-Blatt: zum Weltspartag
Bielefeld (ots)
Erinnern Sie sich? Damals, in Kindertagen. Es ist 30. Oktober, Weltspartag. Die Nase reicht kaum über den Tresen der Bank. Dafür schleifte die mitgebrachte Tasche auf dem Boden, während man noch in der langen Schlange gewartet hat. Die Pfennige und Groschen, die all die Tanten und Onkel und Freunde der Eltern in das mit Absicht große Sparschwein geworfen haben, wiegen natürlich. Doch die Tasche ist auch deshalb groß, weil man sich schon auf Geschenke freut. Vielleicht wieder einen Comic, eine Spielfigur, Plastikschmuck für die Schwester und eine neue Spardose. Man ist genügsam - und außerdem bestechlich. Das fällt umso leichter, als die Eltern bestätigen, Sparen ist eine gute Sache - der einfachste Weg, das schmale Taschengeld aufzuwerten. Und Oma springt mit einem klugen Spruch bei: »Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.« Heute ist die Not weit weg. Uns geht es gut, also im Durchschnitt. Die Arbeitslosenrate ist niedrig, die Löhne und Gehälter steigen stärker als die Preise. Es gibt sogar einen Mindestlohn und Rente ab 63. Und dennoch. Der Rat, spare in der Zeit, dann hast du in der Not, ist weiter aktuell. Auch weil Oma nicht so hohe Ansprüche hatte, konnte sie noch relativ sicher sein, dass ihr erstens die gemeinsame Rente mit Opa und zweitens die Einkommensentwicklung der Kinder ein einigermaßen gutes Auskommen im Alter ermöglichen. Norbert Blüms Spruch »Die Rente ist sicher«: Damals besaß er Gültigkeit. Und heute? Die Rente ist so sicher, wie die Wirtschaft brummt. Sie ist sicher, solange genügend gut verdienende Fachkräfte in das Rentensystem einzahlen. Fragt man die Menschen, ob sie glauben, die gesetzliche Rente reiche aus, ist ein vielstimmiges »Nein« gewiss. So müssten eigentlich alle, die es können, mehr Geld für das Alter zurücklegen. Stattdessen verweigern zwei von fünf Bundesbürgern heute jede Form von Altersvorsorge. Das hat natürlich damit zu tun, dass außer dem Sparbuch auch Lebensversicherung, Riester- und Rürup-Rente an Attraktivität verloren haben. Trotzdem bleiben noch Aktien und andere derzeit gut verzinste Wertpapiere, Unternehmensanleihen, Immobilien - von Gold und anderen Rohstoffen ganz zu schweigen. Sicher, informieren muss man sich. Darum sagt die Oma heute: »Informiere dich in der Zeit, dann wirst du in der Not nicht überrascht.« Möglichkeiten dazu gibt es mehr denn je. Auch wenn Altersvorsorge zunächst ein persönliches Anliegen sein muss, darf sich die Politik nicht aus der Verantwortung stehlen. Es geht nicht darum, nun noch eine Nahles-Rente zu erfinden. Aber ein klares Wort wäre angebracht - zumal nach Einführung der Rente mit 63. Die extreme Niedrigzinspolitik von EZB-Chef Mario Draghi könnte den Volkswirtschaften in Italien, Spanien und Griechenland helfen: In Nord- und Mitteleuropa setzt sie falsche Signale. Dafür werden wir noch bezahlen
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell