Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Trump
Bielefeld (ots)
Endlich ist Donald Trump US-Präsident! Endlich? Ja, endlich. Keine Angst, das hier wird keine Liebeserklärung an den neuen mächtigsten Mann der Welt. Dafür sollten Journalisten nie zuständig sein - auch wenn viele Kollegen vor acht Jahren das Gegenteil bewiesen haben. Die überbordende Heldenverehrung für Barack Obama von einst ist heute der abgrundtiefen Verachtung für seinen Nachfolger Donald Trump gewichen - falsch ist beides.
Es wird höchste Zeit, dass das pausenlose Jammern und Wehklagen über diesen vermeintlich unmöglichen 45. US-Präsidenten ein Ende hat. Trump ist demokratisch gewählt, vereidigt und im Amt. Jetzt soll er endlich regieren, und die Welt muss sich damit arrangieren - auch wir, ob es uns nun passt oder nicht.
Für einen solchen Pragmatismus können weder Hochmut (einer Forsa-Umfrage zufolge halten 84 Prozent der Deutschen Trump für ungeeignet) noch Angst (in der selben Umfrage fürchten 38 Prozent der Deutschen, dass Trump den Weltfrieden in Gefahr bringt) gute Ratgeber sein. In einem Moment wie diesem ist Politik eben zuerst die Kunst des Machbaren und nicht nur die des Wünschenswerten. Doch die Skepsis ist groß und sie scheint durchaus auch geboten.
Die neue Realität ist rau, denn Trump ist rau. Er hat keine politische Erfahrung, will kein Politiker sein und spricht auch nicht wie einer. Das hat auch seine Antrittsrede bewiesen. Trump ist sprunghaft, schmeichelt im ersten und poltert im zweiten Satz. Für ihn ist Politik ein Geschäft, unter seiner Führung dürfte eine knallharte Interessenorientierung an die Stelle einer Werteorientierung treten. Was er sagt, ist mitunter peinlich, arrogant oder einfach nur abstoßend. Ohne jeden Zweifel muss man diesen Präsidenten sehr kritisch sehen. Aber man sollte ihn nicht für dumm verkaufen. Trump ist Trump - mit zahllosen Ecken und Kanten, fähig zu unglaublichen Entgleisungen, aber eben auch zu bohrenden und durchaus berechtigten Fragen. Nur zwei davon lauten: Ist die Lastenverteilung in der Nato gerecht? Was tut die EU, um ihre Probleme selbst zu lösen?
Was unter Donald Trump aus dem Militärbündnis und der transatlantischen Partnerschaft mit Europa wird, ist schwer vorherzusagen. Dass er immer zuerst an sich und an Amerika denkt, hingegen sicher. Er hat es oft genug versprochen. Keine Frage: Dieser Mann fordert die Welt auf neue, bisher unbekannte Weise heraus. Europa wird sich beweisen müssen, und Deutschland kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Doch zugleich steht Trump selbst unter gewaltigem Druck. Er hat den Mund im Wahlkampf ziemlich voll genommen, nun muss er liefern. Dabei trifft er auf ein tief gespaltenes Land. Viele Amerikaner lehnen ihn ab, seine Partei fremdelt mit ihm - vor allem die angekündigte Einschränkung des Freihandels widerspricht geradezu der DNA der republikanischen Partei. Und er hat Leute in sein Kabinett geholt, die teils ganz andere Konzepte vertreten als er selbst.
Diese Präsidentschaft löst gewiss mehr Sorgen als Hoffnungen aus. Donald Trumps Amtszeit verheißt Unsicherheit und ein hohes Maß an Unberechenbarkeit. Trotzdem hat er eine faire Chance verdient. Die Zeit für bloße Empörung unsererseits ist vorbei. Gefragt sind vielmehr Selbstbewusstsein sowie Entschlossenheit. Und ein kleiner Schuss mehr Unaufgeregtheit könnte uns allen gewiss auch nicht schaden.
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