Westfalen-Blatt: zur AfD
Bielefeld (ots)
Wenn man die Augen zumacht, ist auch die AfD nicht mehr da. Das ist kindisch, beschreibt aber ganz gut einen lange verbreiteten Umgang mit der Partei. Die Neuen, die oft so gestrig daherkommen, sollten wieder weggehen. Ihre Fragen sind unangenehm, ihre Art oft auch. Bei manchem Mitglied bleibt recht wenig, was nicht unangenehm wäre. Mit geschlossenen Augen hört man sie natürlich weiterreden; viele von der AfD sind ja so laut und schrill. Was sie sagen, ist oft unerhört und reizt zur Empörung. Wenn man die Augen wieder öffnet, sitzen sie schon fast im Bundestag. Es ist also höchste Zeit, erwachsen zu werden, was den Umgang mit der AfD angeht. Nach den Umfragen darf die Partei bei der Bundestagswahl auf sieben bis elf Prozent der Stimmen hoffen. Da helfen längst keine Trillerpfeifen, keine Auftrittsverbote und kein Totschweigen mehr. Nein, man muss die AfD-Politiker reden lassen - wenn sie nicht gerade aus dem Fernsehstudio stürmen. Aufpassen, was sie sagen und was sie tun. Es kann auch nicht schaden, zu wissen, wer sie beeinflusst oder finanziert. Das kleine Einmaleins der politischen Auseinandersetzung also. Die Rolle der Ausgegrenzten kann die Partei dann nicht mehr ernsthaft spielen. Die Klage des »Das darf man hierzulande ja nicht sagen« wird vollends lächerlich. Denn ihre Vertreter dürfen alles sagen. Alles, was die Menschenwürde wahrt. Über deutsche Leitkultur und Stickoxidgrenzwerte und den Klimawandel und die Kriminalität von Flüchtlingen und die Grenzsicherung. Sie dürfen es sagen, und dann kann man sie fragen, woher sie ihr Wissen haben. Ob Sie ihre Behauptungen belegen können oder nicht. Dabei wird manches Kartenhaus zusammenfallen. Aber die Auseinandersetzung bleibt anstrengend, denn es müssen Antworten her auf die Fragen der AfD. Abwehr aus formalen Gründen ist keine Option. Natürlich geht es vor allem um Migration, das Mobilisierungsthema der AfD. Wie kann die Hilfe für wie viele Flüchtlinge gelingen? Eine nachvollziehbare Linie ist nötig. Mitfühlend und rational gleichermaßen. Integrativ und rechtsstaatlich, mit regelmäßiger Konsequenz und Fingerspitzengefühl in Härtefällen. Und einem Einwanderungsgesetz. Wenn das gelingt, was bleibt von der AfD? Ein zunehmender Richtungsstreit zwischen dem Lager von Parteisprecherin Frauke Petry und dem von Spitzenkandidat Alexander Gauland - am rechten Rand nicht wählerisch, wenn es darum geht, seinen Einfluss zu vergrößern. Während die Flügel sich bekämpfen, sucht Co-Spitzenkandidatin Alice Weidel, das TV-Debatten-Gesicht der Partei, noch ihre Rolle. Wie stark die AfD noch sein wird, wenn sie erstmal im Bundestag angekommen ist, ist also längst nicht klar. Wie man ihr gegenübertreten kann, schon.
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