Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur digitalen Modellregion Ostwestfalen-Lippe
Bielefeld (ots)
Es gibt Menschen, die haben keinen Internetanschluss. Die zahlen am liebsten bar. Und wichtige Dokumente geben sie nicht in die Post, sondern bringen sie lieber persönlich vorbei. Erlaubt bleibt das alles, aber es wird teurer werden, und es ist nicht die Zukunft. Die Zukunft ist digital. Wann immer es geht, lässt man die Daten für sich laufen. Und in Ostwestfalen-Lippe könnte bald zu besichtigen sein, wie das geht. Vielleicht reisen die Verwaltungsfachleute ja bald von weit her an, wie sie derzeit nach Estland reisen. Verrückte Idee? Warum? Wenn das Modellprojekt der neuen schwarz-gelben Landesregierung erfolgreich ist, ist das gar nicht so abwegig. Viele haben sich gestern nach der Bekanntgabe begeistert geäußert. Und in der Tat klingt es doch toll, was sich OWL da an Land gezogen hat. Serviceorientiertes Handeln durch wirtschaftsfreundliches eGovernment. Bürgerbüro mit digitalen Antragsverfahren. Smart-City-Lösungen. Eine Anlaufstelle für alles. Natürlich ist das zunächst nicht mehr als Wortgeklingel. Aber die Teilnehmer haben drei Jahre Zeit, aus diesen Werbebegriffen Realität werden zu lassen. So lange fließen Millionen aus Düsseldorf nach Paderborn, Delbrück, Bielefeld und Detmold. Ob es mit der erhofften Kofinanzierung durch die private Wirtschaft etwas wird, ist ungewiss. Aber die Chance ist da. Schließlich geht es nicht nur ums Amt, sondern um Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung, Handel, Sicherheit, Tourismus und Lebensqualität - wie es Digitalisierungsminister Andreas Pinkwart (FDP) in seiner gestrigen Pressemitteilung so schön hat aufzählen lassen. Da ist für jeden etwas dabei. Kurz gesagt: Es geht ums ganze Leben. Ja, kleiner hat es diese Digitalisierung nicht. Es könnte einer der größten Umbrüche werden, die wir erleben. Und entweder wir gestalten diesen Umbruch mit - oder wir werden zum Spielball anderer. Die Aufgabe, diesen Prozess zu moderieren, ist sehr anspruchsvoll. Auf der einen Seite ist das internationale Niveau zu erreichen. Deutschland muss hier zunächst aufholen. Nicht zufällig ist der enge Austausch mit Experten aus Estland und den Benelux-Ländern vorgesehen. Dabei sind allerdings deutsche Datenschutzstandards zu beachten - oder neu zu diskutieren. Die Angst um die Privatsphäre ist jedoch vergleichsweise wenig verbreitet im Vergleich mit der Angst vor Arbeitsplatzverlust und allgemeiner Überforderung. Da kann es nicht schaden, wenn in der digitalen Modellregion Ostwestfalen-Lippe diese Aspekte gleich mitgedacht werden. Auch das gehört zur bürgerfreundlichen Gestaltung der Digitalisierung vor Ort. Und wer weiß, vielleicht gelingt der deutschen Gesellschaft ihr unausweichlicher Transformationsprozess ja besser aufgrund guter Ideen aus OWL.
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