Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Online-Sprechstunde
Bielefeld (ots)
Es ist keineswegs eine Revolution, die da im Verhältnis von Arzt zu Patient bevorsteht. Vielmehr diskutiert der 121. Deutsche Ärztetag derzeit in Erfurt mit der stärkeren Freigabe von Online-Behandlungen im Berufsrecht der Mediziner, was ohnehin nicht mehr zu vermeiden und in vielen Praxen und Krankenhäusern zudem schon lange durchaus bewährter Alltag ist.
Seit Jahren nutzt zum Beispiel das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen die Möglichkeit, im Zuge des technischen Fortschritts Patienten zwecks Überwachung ihrer Behandlungsfortschritte ans Netz zu bitten. In der Regel läuft diese Telemedizin problemlos und erspart eine möglicherweise weite Anreise sowie entnervende Wartezeiten.
Nun unterscheiden sich ein Hochleistungskrankenhaus und eine Fach- oder Landarztpraxis zwar in Ausstattung und Abläufen. Ja, viele Patienten möchten »ihren« Doktor persönlich sehen und sprechen. Das wirkt irgendwie beruhigend. Aber Anreise- und Wartezeit sind auch hier natürlich ein Thema - und werden es angesichts des schon spürbaren Mangels an Medizinern gerade auf dem Land oder in unattraktiven Stadtbezirken immer mehr. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den Ruhestand und junge Ärztinnen und Ärzte rücken nicht in ausreichender Zahl nach. Viele auch deshalb nicht, weil der zeitaufwendige Praxisalltag ihrer Vorgänger insbesondere auf dem Land nicht mehr ihren Vorstellungen von Beruf und Leben entspricht. Neue Modelle müssen also her - und die Digitalisierung des Alltags zeigt auch in diesem Bereich den Weg. So, wie für inzwischen zwei Drittel der Bankkunden das online geführte Konto der überhaupt nicht mehr diskutierte Normalfall ist, wird eines Tages auch die Visite beim Arzt per Internet die Regel sein, ob man das aus heutiger Sicht schön findet oder nicht.
Die Zukunft bringt die Faktoren zusammen, die derzeit vielleicht noch nicht überall gegeben sind: Jüngere Ärzte wie Patienten entstammen inzwischen allesamt der Generation, die sich ein Leben ohne Internet überhaupt nicht vorstellen kann - schlicht weil sie es anders niemals kennengelernt haben. Die Kommunikation dieser »Generation Facebook« läuft weithin über den Rechner. Warum also nicht auch - bei dann natürlich »bankmäßig« gesicherter Datenübertragung - die Sprechstunde mit dem Arzt? Und, rein technisch: Irgendwann in den 2020ern liegt vermutlich auch im letzten Winkel der Republik schnelles Internet in jedem Haus, welches dies ermöglicht.
Derweil schrumpft die Zahl der Patienten, die von all dem nichts wissen will. Das Voranschreiten von Online-Sprechstunde und Telemedizin ist also letztlich ein biologischer Prozess. Ein Arzt ohne ein solches Angebot? Schon 2030 vielleicht undenkbar.
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