Westfalen-Blatt: zum Thema Lebensmittel im Müll
Bielefeld (ots)
Wer Lebensmittel angebaut, hergestellt oder gekauft hat, der kann damit machen, was er will. Er darf sie sogar wegwerfen. Angesichts eines hier und da festzustellenden Regelungsenthusiasmus kann diese Erinnerung ja nicht schaden. Um zu verhindern, dass Essbares im Müll landet, muss die Regierung nämlich nicht zuletzt an die Bürger ran. Über das Wie (aufklären und appellieren oder umerziehen?) lässt sich streiten. Es geht um Moral und Gerechtigkeit - also Themenbereiche, in denen die Nerven schnell blank liegen. Mal sehen, was sich Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) so anhören muss, weil sie bei ihren Maßnahmen zu Recht vor allem auf Freiwilligkeit setzt. »Mit Lebensmitteln spielt man nicht!« und »Das ist aber zu schade zum Wegwerfen, das kann man doch noch essen!« - wer in seiner Kindheit auf diese Weise ermahnt wurde, der vergisst das vielleicht sein Leben lang nicht. Um diesen Typ Verbraucher muss man sich wenig kümmern. Bei dem läuft es mit der Wertschätzung für braune Bananen, schrumpelige Äpfel, hartes Brot. Ob man die Welt rettet mit dem todesmutigen Verzehr von zwei Wochen abgelaufenem Joghurt? Das lassen wir mal dahingestellt. Binnen elf Jahren die Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und bei privaten Haushalten zu halbieren - da hat sich die Regierung was vorgenommen. Natürlich ist es ein hehres Ziel, mit den Ressourcen der Erde sparsam umzugehen. Und selbst der Abfall aus der Biotonne (wo das meiste zu viel gekaufte Obst, Gemüse und Brot ja hoffentlich landet) will mit neuerlichem Energieeinsatz abgefahren und verarbeitet werden. Doch es bleiben Zweifel, ob das eines unserer größten Probleme ist. Wer daran glaubt, dass es organisatorisch wirklich möglich wäre, alle überzähligen Nahrungsmittel rechtzeitig vor dem Verderb zu bedürftigen Abnehmern zu bringen, der mag sich hier empören. Aber die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des notwendigen logistischen Aufwands kann man schon stellen. Das ehrenamtliche Engagement der Helfer vieler Tafeln wird durch diesen Gedanken nicht weniger wert - im Gegenteil. Es wird keinen Schaden anrichten, wenn nun in »Dialogforen« mit Vertretern von Unternehmen, Verbänden, Ländern und Wissenschaft über die Frage nachgedacht wird, was jeder zur Verbesserung der Wegwerfbilanz beitragen könnte. Und die Forschungsförderung von 14 Millionen Euro schafft vielleicht Jobs. Ob das Ergebnis dieser Mühe aber zu messen sein wird? Die Datenlage ist dünn, Mülltonnen werden auch in Zukunft nicht überwacht. Jeder darf weiter auf sich selbst aufpassen. Und - wenn es angebracht ist - gern die alten Regeln von zuhause befolgen.
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