Westfalen-Blatt: Kommentar zum Wirtschaftsgutachten
Bielefeld (ots)
Wie jeder Autofahrer oder Lokführer bremst auch der vorsichtige Unternehmer ab, wenn vor ihm die Sicht schlechter wird. Und wie auf Autobahnen oder Bahngleisen, so wird auch in der Wirtschaft, wenn alle den Fuß vom Gaspedal nehmen, das Tempo insgesamt langsamer. Insofern überrascht es nicht, dass die von der Bundesregierung beauftragten Wirtschaftsinstitute ihre Voraussage noch einmal leicht nach unten korrigieren. Wichtiger ist in diesem Zusammenhang ihr Blick ins nächste Jahr: 2020 soll die Wirtschaft zwar langsam, aber immerhin: Sie soll wachsen.
Unklar ist die Sicht nach Auffassung der Wirtschaftsweisen derzeit für die Unternehmer wegen der internationalen Handelskonflikte und der offenen Fragen über die künftigen Geschäftsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU. Hinzu kommen müssen aber bei diesen Überlegungen strukturelle Veränderungen, die für die deutsche Industrie ebenso wie für die hier lebenden Verbraucher mittel- und langfristig viel wichtiger sind.
Wird es gelingen, den Wechsel von der Brennstofftechnologie zu neuen umweltfreundlicheren Antriebsarten hinzubekommen? Wie wird sich überhaupt die Mobilität verändern? Wie wird sich die Arbeitswelt verändern, wenn Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in Produktion und Dienstleistung voranschreiten?
Das sind Fragen, die vielleicht weniger an die Wirtschaftsinstitute zu richten sind als an die Politik. Je schneller diese zu Antworten findet, die in der Gesellschaft mehrheitsfähig sind, desto rascher können die Unternehmer ihre Investitionen planen. Und desto sicherer werden sich die Mitarbeiter fühlen, die als Verbraucher über die konjunkturelle Entwicklung mitentscheiden.
Es kann sein, dass Regierungen bei der Neugestaltung der Mobilität und Arbeitswelt Kredit aufnehmen müssen. Doch dann mit Sinn und Verstand, nicht weil die schwarze Null unmodern geworden sei! Kredite zur Konjunkturförderung, etwa durch Abwrackprämien, sind fast immer falsch.
Etwas Ruhe könnte demnächst in die internationalen Handelskonflikte kommen. Schließlich muss Donald Trump angesichts näher kommender Neuwahlen vorsichtiger agieren. Und was den Brexit betrifft: Bald wird es Klarheit geben, so oder so.
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