Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalen-Blatt mehr verpassen.

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Zum Thema Türkei kommentiert das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) am 01.05.2007

Bielefeld (ots)

Die Türkei steht vor schicksalhaften Wochen. Die
beiden politischen Züge des Landes, Säkularisten und Islamisten, 
haben Fahrt aufgenommen und rasen nun aufeinander los.
 Im einen sitzen die Generäle als Statthalter des Kemalismus, der die
Trennung von Staat und Religion verteidigt, im anderen die Regierung 
Erdogan, offiziell als Verfechter der Demokratie, insgeheim jedoch 
als Vertreter eines Islam, der die Türkei in die Zeit vor Kemal 
Atatürk zurückführen und damit die Trennung zwischen Staat und 
Religion aufheben will.
 Noch sind die Bremserhäuschen leer, und man wird weiter aufeinander 
zurasen. Der Kurs ist festgelegt. Ziel ist für beide Züge das Amt des
Staatspräsidenten.
Die Generäle unterstellen - sicherlich nicht zu Unrecht - der 
Regierung Erdogan, dass sie mit dem Staatspräsidenten als 
Oberbefehlshaber die Gralshüter des Kemalismus entmachten wollen. 
Diesem Ziel dient auch die Integration in die EU, weshalb Erdogan vor
zwei Wochen noch einmal Druck auf die Verhandlungen mit Brüssel 
ausübte und ein Datum für die Mitgliedschaft festlegen wollte. 
Erdogan beschwört die Verfassungstreue seiner Regierung und des 
Kandidaten für das Präsidentenamt, Abdullah Gül.
Die Generäle haben die Islamisten mehrfach gewarnt. Schon die Wahl 
des Generalstabschefs Yasar Büyükanit - den Namen muss man sich 
merken - im letzten Oktober war ein deutlicher Hinweis, dass man die 
Fahrt des islamischen Zugs stoppen wolle. Es wäre auch nicht das 
erste Mal.
 Schon vor zehn Jahren wurde der damalige Premier Necmettin Erbakan 
mit einem sanften, sozusagen postmodernen Putsch entmachtet. Die 18 
Bedingungen, die die Generäle damals der Regierung und ihrer 
Nachfolgerin stellten, sind aber bei weitem nicht alle erfüllt 
worden. Die Imam-Hatip-Schulen, die einen orthodoxen Islam lehren und
zu deren Absolventen auch Erdogan gehört, verbreiten ihre Version des
Islam ungehindert weiter, viele Stellen in der Verwaltung und der 
Justiz sind mittlerweile mit Anhängern Erdogans aus dessen 
Gerechtigkeitspartei AKP besetzt.
Gül wird diese Wochen auch im zweiten Wahlgang nicht die 
erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit bekommen. Und dann wird es 
spannend.
Im dritten Wahlgang braucht er nur die absolute Mehrheit, über die 
die AKP sicher verfügt. Dass die Generäle seit Freitagabend ihre 
»Sorge« und den Willen zur »Erfüllung ihrer Aufgabe« öffentlich 
bekunden, ist eine klare Ansage. Sie werden ihren Zug nicht stoppen.
Und dass die Straße mitmarschiert, zum Beispiel am Sonntag massenhaft
in Istanbul, wo mehrere hunderttausend Menschen gegen die 
islamistische Regierung demonstrierten, wird sie in ihrer Haltung nur
bestärken.
Die Mahnungen aus Brüssel interessieren sie da wenig. Man darf 
gespannt sein, ob es in den nächsten zwei Wochen zu Bewegungen im 
Bremserhäuschen des Islamisten Zuges kommt. Erdogan ist nicht der 
Mann, der kurz vor dem Ziel aufgibt.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalen-Blatt
Weitere Storys: Westfalen-Blatt
  • 30.04.2007 – 19:54

    Westfalen-Blatt: (Bielefeld) zum Thema Israel vom 01.05.2007

    Bielefeld (ots) - Vorweg: Bei nicht einem der hasserfüllten Gegner Israels wäre eine solche Untersuchung vorstellbar. Eine Jury, die Regierungshandeln, gar den Beschluss zu einem Feldzug unabhängig prüft, ist im arabischen Raum undenkbar. Israel hält sich für moralisch höher stehend. Deshalb muss sich dessen Regierung auch dem vernichtenden Urteil über den Libanon-Krieg stellen. Die Soldaten seien ...