RNZ: Die Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) kommentiert die Zukunftsstudie des Berlin-Instituts:
Heidelberg (ots)
Vielleicht sollte man verbal abrüsten. "Krisengebiet", der Begriff gehört zunächst in Regionen mit viel akuteren Leiden. Aber womöglich braucht es derlei Übertreibungen, um aufzurütteln. Denn der Befund der Bevölkerungs-Forscher, dass Ostdeutschland praktisch ausblutet, ist alarmierend. Auch 18 Jahre nach dem Ende der DDR ist Deutschland von einer wirklichen "Einheit" weit entfernt. In keinem Land in Europa gehen die Entwicklungschancen so krass auseinander wie hier. Dass es ein Gefälle von Süd nach Nord und von West nach Ost gibt, war bekannt. Gerade das zweite hat ja seine historischen Gründe. Aber der europaweite Vergleich zeigt: Andere Länder haben den Übergang von der Diktatur zur Demokratie, von der Plan- zur Marktwirtschaft wesentlich besser gemeistert als viele ostdeutsche Regionen - auch ohne Milliardentransfers aus reicheren Landesteilen. Wo verstärkt junge Frauen abwandern, fehlen die Mütter der nächsten Generation. Die Vergreisung der Gesellschaft wird sich dort noch einmal beschleunigen. Noch dazu gehen gerade die gut ausgebildeten, mobilen, potentiellen Führungskräfte. Der Westen verstärkt das derzeit etwa mit Abwerbekampagnen für Lehrer - den wenigen Kindern, die bleiben, werden so auch noch die Bildungschancen genommen. Das schafft Frustration und Gewaltpotential und droht, auf lange Sicht das Wort von der Krise doch zu rechtfertigen.
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