RNZ: Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, zu: Wahlrecht
Heidelberg (ots)
Vom Honig eines trotz aller Kompliziertheit nicht ganz gerechten Wahlrechts haben beide großen Parteien schon genascht. 1998 sackte die SPD 13 Überhangmandate ein, die CDU keines. Und auch 2002 und 2006 profitierten die Sozialdemokraten vom Gerechtrigkeitsfehler der Mandatsverteilung mehr als die anderen. Hätten sie deswegen auf den letzten Metern die Große Koalition platzen lassen sollen? Dass einige SPD-Linke gerne mit diesem Feuer gespielt und am Freitag zum ersten Mal eine rot-rot-grüne Gesetzesmehrheit für die schnelle Wahlrechtsänderung hingezaubert hätten, ist verständlich. Es wäre dann, wenn man die möglichen Auswirkungen auf die Wahlen bedenkt, für lange Zeit wohl die letzte gewesen. Diesen Bruch des eigenen Wortes und des Koalitionsvertrags konnten sich Steinmeier und Müntefering nicht leisten. Und sie taten gut daran, vertragstreu zu bleiben, auch wenn die Wahlforscher der Union dieses Mal mehr Überhangmandate voraussagen. Das Verfassungsgericht hat diesen Spielraum bis 2011 eingeräumt. Die Änderung des Wahlrechts, das in diesem Punkt kaum noch durchschaubar ist, muss auch zu seiner Vereinfachung führen. Das braucht Zeit und Konsens, auch wenn die Merkel-Partei diesmal noch der mutmaßliche Nutznießer der Verzögerung ist.
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