RNZ: "Praxisfern" - Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) zu Bundesrat/Mindestlohn
Heidelberg (ots)
Von Sören S. Sgries
Im Grundsatz dürften sich alle einig sein: Ein Stundenlohn von unter vier Euro ist in Deutschland zu wenig. Trotzdem gibt es diese Löhne, zum Beispiel 3,18 Euro für Friseure in Thüringen. Daher ist es richtig, dass die Mehrheit der Parteien Konzepte vorlegt, wie angemessene Lohnuntergrenzen festgelegt werden können. Doch das Wie ist entscheidend. Und hier geht der Vorstoß des Bundesrats in die falsche Richtung. Ein flächendeckendes Minimum von 8,50 Euro erscheint angemessen, es wird aber den Praxistest nicht bestehen. Sitzt die Konkurrenz in Belgien - Mindestlohn 9,10 Euro -, stehen die deutschen Unternehmen gut da. An der polnischen Grenze - 2,21 Euro Lohn - geht das nicht. Wer hier 8,50 Euro fordert, vernichtet Arbeitsplätze. Praktikabler ist daher der Unions-Vorschlag von Arbeitsministerin von der Leyen: Kommissionen sollen branchen- und regionenspezifische Grenzen aushandeln. Auch dieses Konzept hat Schwächen: Die 3,18 Euro für Friseure stehen nämlich in einem regulären Tarifvertrag, solchen Dumping-Absprachen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Aber eben nicht durch Gleichmacherei. Schade, dass der Wahlkampf eine sinnvolle Einigung, orientiert am Wohl der Arbeitnehmer, verhindern wird.
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