Kölner Stadt-Anzeiger: Hans Küng: Papst Benedikt hat die Welt enttäuscht Tübinger Theologe: Wir brauchen einen Obama als Papst - Scharfe Kritik an "streng reaktionärem Kurs" des Kirchenoberhaupts
Köln (ots)
Der Tübinger Theologe Hans Küng hat Papst Benedikt XVI. einen "streng reaktionären Kurs" vorgeworfen. "Er hat die Welt enttäuscht", sagte Küng dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag-Ausgabe). Benedikt XVI. drohe, "als Papst der Brüskierung in die Geschichte einzugehen". Das Kirchenoberhaupt stoße die Juden vor den Kopf, indem er einen Holocaust-Leugner wieder in die Kirche eingliedere, sagte Küng mit Blick auf die Rehabilierung des britischen Bischofs Richard Williamson von der traditionalistischen "Pius-Bruderschaft" des verstorbenen Erzbischofs Marcel Lefebvre. Es sei "für die deutsche Kirche außerordentlich peinlich, dass sich ausgerechnet ein deutscher Papst derartig gegenüber den Juden vergreift", so Küng weiter. "In aller Welt wird man sagen, »natürlich, ein Deutscher, der kann mit den Juden nicht«". Das habe der Papst zwar nicht gewollt, aber diesen Eindruck erwecke er zwangsläufig. "Er ist offensichtlich im Vatikan so abgeschirmt und der realen Welt enthoben, dass er sich keine Vorstellung davon macht, wie verheerend sein Tun aufgenommen wird" sagte Küng. Küng forderte eine kirchenpolitische Wende, "damit man wieder mit froherem Sinn katholisch sein" könne. "Wir brauchen einen Obama als Papst", so der 81 Jahre alte Theologe, dem 1980 die Lehrerlaubnis entzogen worden war. Papst Benedikt traf sich kurz nach seiner Wahl zum Papst im Jahr 2005 mit Küng. "Ich hatte ange-nommen, dass die Einladung an mich die erste einer Reihe von kühnen Taten sei, zu denen der Papst fähig sei", sagte Küng jetzt. Seitdem aber habe Benedikt "keine Zeichen der Erneuerung mehr gesetzt", sondern sei "im Gegenteil eins ums andere Mal zum Rückschritt hinter die Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils angetreten". Küng warnte den Papst: "Er gefährdet seine eigene Lehr-autorität, wenn er meint, gegen ein Konzil antreten zu können."
Pressekontakt:
Kölner Stadt-Anzeiger
Politik-Redaktion
Telefon: +49 (0221)224 2444
ksta-produktion@mds.de
Original-Content von: Kölner Stadt-Anzeiger, übermittelt durch news aktuell