Kölner Katholiken halten Kardinal Rainer Woelki Realitätsverlust vor - Chef der Laienvertretung reagiert mit Unverständnis auf Ankündigung zum Weitermachen
Köln (ots)
Die Ankündigung des Kölner Kardinals Rainer Woelki, im Amt bleiben und seinen Kurs der Aufarbeitung des Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln fortsetzen zu wollen, stößt bei Spitzenvertretern der Laien auf Unverständnis. "Das zeigt, dass er Kardinal die Lage nicht mehr realistisch einschätzt", sagte der Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, Gregor Stiels, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag-Ausgabe). "Der Kardinal sitzt einkaserniert in seinem Bischofshaus und nimmt selbst das nicht mehr wahr, was alle ihm sagen, die nah an der Stimmungslage in den Gemeinden sind - wie zuletzt die Kreis- und Stadtdechanten: "Sie müssen etwas ändern!"" Man könne nur hoffen, "dass ihm das jetzt die päpstlichen Visitatoren klarmachen können", so Stiels weiter. "Vielleicht muss man dem Kardinal die Entscheidung dann auch aus der Hand nehmen." In dieser Woche nehmen die beiden von Papst Franziskus entsandten Inspektoren, der schwedische Kardinal Anders Arborelius und der holländische Bischof Hans van den Hende, ihre Arbeit auf. Nach Informationen der Zeitung haben sie bereits eine Reihe von Gesprächsterminen vereinbart, auch mit Kritikern Kardinal Woelkis.
Der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum, Solingens Oberbürgermeister Tim-O. Kurzbach, nannte die Visitation "einen entscheidenden Schritt", auf den dann eine baldige Entscheidung des Papstes folgen müsse. "Einen weiteren Schwebezustand können wir uns nicht mehr leisten, sonst treten weitere Zehntausende aus der Kirche aus", sagte Kurzbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Woelki hatte in seiner wöchentlichen Videobotschaft auf domradio.de bekräftigt, er wolle im Erzbistum seine ganze Kraft dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals weitergehe, die Schwachen geschützt würden und Missbrauch verhindert werde. Der Erzbischof reagierte damit auch auf das am Freitag bekannt gewordene Rücktrittsgesuch seines Münchner Amtsbruders Reinhard Marx. Dessen Entschluss zum Rücktritt und seine Erklärungen dazu wurden allgemein als Kontrastprogramm zu Woelkis Verhalten wahrgenommen und - damit verbunden - als Erhöhung des Drucks auf den Kölner Kardinal. Kurzbach sprach mit Blick auf Marx von einem "Schritt in Souveränität und Freiheit". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing (Limburg), hatte am Freitag gesagt, der "Punkt der Souveränität" sei "in Köln einfach überschritten". Mit der päpstlichen Visitation griffen in Köln jetzt "andere Gesetzmäßigkeiten". Woelki stellte die Visitation in seiner Videobotschaft erneut als Reaktion des Papstes auf seine - Woelkis - Bitte dar, die Situation in Köln und auch seine Person zu bewerten.
Stiels entgegnete, dass Woelki den päpstlichen Untersuchungsauftrag einseitig wahrnehme und wiedergebe. "Er spricht nur von der Aufarbeitung des Missbrauchs, als ob er überlesen hätte, dass die Visitatoren auch die "komplexe pastorale Situation" im Erzbistum untersuchen sollen." Die Frage müsse sein, wie ein Neuanfang gelingen könne. "Fakt ist doch, dass der Erzbischof in seinem erklärten Bemühen niemanden mitnehmen konnte."
Aber auch im Umgang mit dem Missbrauchsskandal lasse Woelki nach wie vor jede Bereitschaft vermissen, "die institutionelle und moralische Dimension" des Versagens kirchlicher Verantwortungsträger in den Blick zu nehmen. "Auch das ist ein schwerer Fehler", sagte Stiels.
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