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Kölner Stadt-Anzeiger

Betroffenenvertreter: Kritik an Kölner Persiflagewagen zu Missbrauch ist schäbig und von "demütigender Oberflächlichkeit"

Köln (ots)

Unmittelbar vor dem Kölner Rosenmontagszug hat ein Vertreter der Betroffenen bei der Missbrauchsbeauftragten des Bundes (UBSKM) Kritik an einem Persiflagewagen aus Politik und Kirche scharf zurückgewiesen. Es sei "an Verachtung und demütigender Oberflächlichkeit kaum zu überbieten", wenn jetzt jene lautstark gegen ein Motiv im Rosenmontagszug aufbegehren, die geschwiegen haben, als die menschenverachtenden Strategien des Erzbistums Köln zum Umgang mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt öffentlich wurden", schreibt Karl Haucke aus dem Betroffenenrat der UBSKM im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag-Ausgabe). Es liege auf der Hand: "Die Schuldumkehr, mit der jetzt erneut von jenen Strukturen abgelenkt werden soll, die den Missbrauch ermöglichten und ermöglichen, setzt die Verdeckung und Vertuschung fort, die sich durch das Vorgehen der 'toxischen Institution' katholische Kirche ziehen.

Der umstrittene Mottowagen zeigt, wie ein Priester aus einem Beichtstuhl heraus mit den Worten "Jesus liebt dich" einen Messdiener anlockt. Aus der Kölner CDU war dies als "Geschmacklosigkeit" kritisiert worden. Das Erzbistum Köln sprach von einer nicht zu rechtfertigenden Grenzüberschreitung, weil Jesus selbst als Sohn Gottes angeklagt werde. Das Festkomitee Kölner Karneval wies die Vorwürfe zurück.

Haucke schreibt, die Vergewaltigungen, denen er sich habe unterwerfen müssen, seien immer von geistlichen Worten begleitet gewesen wie zum Beispiel: Der liebe Gott will, dass wir uns lieben. "Was also soll falsch sein an der Botschaft des Mottowagens, der den Täter im Beichtstuhl zu seinem Opfer 'Jesus liebt dich' sagen lässt?"

Die Vergewaltigungen von Kindern und Jugendlichen durch Priester hätten nach Schätzungen im Dunkelfeld die Gesundheit, das Vertrauen und auch den Glauben von mehr als 100.000 Menschen allein in Deutschland zunichte gemacht. "Diese unbestrittene Wahrheit muss Christen anstößiger erscheinen als ein Mottowagen im Rosenmontagszug."

Kritik des Betroffenenenbeirats des Erzbistums Köln an dem Mottowagen wies Haucke - bis zu seinem Austritt 2020 selbst einer der Sprecher dieses Gremiums - als schäbig zurück, weil sie sich der Selbstschutznarrative der Institution Kirche bediene. "Zweifellos verdient der Tatkontext Familie mehr gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit, mehr politische Beachtung, mehr Präsenz in der Forschung, in den Medien und in Gesetzen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Jedoch hat dieses Thema einen eigenen Stellenwert und darf nicht als Alibi benutzt werden, um Kritik an den Missbrauch begünstigenden Strukturen der katholischen Kirche auszuhebeln."

Der Gastbeitrag im Wortlaut: www.ksta.de/975842 (ab Montag verfügbar)

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