Konrad Adenauer Stiftung e. V.
Wehrpflicht - "Schnupperkurs in Grün?" Konrad-Adenauer-Stiftung führt Dialog mit den Streitkräften
Berlin (ots)
Alle reden über die "Bundeswehr" - wir reden mit ihr. Kommissionen und Gremien beraten in diesen Tagen, wie die neuen Aufgaben für die Streitkräfte mit den ständig gekürzten Finanzmitteln in Einklang gebracht werden sollen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung möchte zu dieser Diskussion einen Beitrag leisten, indem sie die Probleme der Soldaten vor Ort aufnimmt und an die Politik weiterleitet. Mit Hilfe ihrer 22 Bildungswerke überall in Deutschland organisiert die Stiftung eine Veranstaltungsreihe zur Zukunft der Bundeswehr. Hierdurch sollen Meinungen und Positionen aus der Bundeswehr aufgenommen und an die Entscheidungsträger weitergeleitet werden. Dabei geht es nicht so sehr um grundlegende sicherheitspolitische Konzepte, sondern auch und vor allem um die Alltagsbelange einer Bundeswehr, deren Rolle und Selbstverständnis derzeit einem erheblichen Wandel unterworfen ist.
Jedes Bildungswerk organisiert in Abstimmung mit den regionalen Kommandeuren vor Ort eine oder mehrere Diskussionsrunden, auf denen sich Politiker, Militärs und sicherheitspolitische Experten den Fragen der Soldaten stellen. Diese Veranstaltungen werden detailliert ausgewertet und zu einem Bericht zusammengefasst, der die geäußerten Anregungen, Beschwerden und Ideen wiedergibt. Dieses Papier wird zunächst mit hochrangigen sicherheitspolitischen Fachleuten beraten. Ende Mai dieses Jahres werden dann die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt und der Politik zugeleitet.
Nachdem bislang etwa die Hälfte der 25 geplanten Veranstaltungen stattgefunden haben, lässt sich eine erste Zwischenbilanz ziehen. Die Resonanz auf die Veranstaltungsreihe ist außerordentlich gut, nur wenige Kommandeure entziehen sich dem Gesprächsangebot. Die Debatten mit den Soldaten gestalten sich sehr offen - kritische Anmerkungen beziehen sich sowohl auf die derzeitige wie auch auf die frühere Bundesregierung. Hier werden immer wieder die Schlagworte "Unterfinanzierung" und "Diskussionsverbot" genannt. Dabei ist es nicht allein die Forderung nach "mehr Geld für die Bundeswehr", welche die Veranstaltungen beherrscht. Darüber hinaus fordern die Soldaten klare und für längere Zeit gültige Planungsvorgaben, um nicht immer wieder Spielball von Koalitions- und Haushaltsauseinandersetzungen zu werden.
Wenn die Politik bestimmte Fähigkeiten von den Streitkräften erwarte, so müsse sie auch die dafür erforderlichen Mittel bereitstellen. Andernfalls müssten Aufgaben und Verpflichtungen reduziert werden. Neue Funktionen für die Bundeswehr bei gleichzeitig sinkenden Mitteln seien aber keinesfalls zu erreichen. Hier könnten auch von den immer wieder vorgebrachten Kosteneinsparungen durch Rationalisierung keine Wunder erwartet werden.
Die meisten konkreten Klagen richten sich gegen die derzeitigen Einsparungen bei den Betriebsausgaben der Streitkräfte. Eine aufgabengerechte Ausbildungs- und Übungstätigkeit sei damit nicht mehr möglich. Ständige Mangelwirtschaft führe zu einer weiteren Verschlechterung des Ausrüstungsstandes ("die Fahrzeuge sind älter als die Soldaten"). Hinzu kämen fehlende Aufstiegschancen und immer wieder gebrochene Versprechungen von Seiten der Politik, die derzeit bei vielen Soldaten zu einer gewissen Resignation führten.
Ihre neuen Aufgaben im Bereich des Krisenmanagement sehen die Soldaten dagegen eher positiv. Sie beklagen aber, neben der mangelnden Ausrüstung, insbesondere die persönlichen und familiären Belastungen durch die Auslandseinsätze. Gerade wenn bestimmte Fachleute aus der Bundeswehr immer wieder in Krisenregionen geschickt würden, so sei dies den Soldaten und ihren Familien nicht mehr zuzumuten. Dies gelte in besonderer Weise für den Sanitätsbereich.
In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder Kritik am Reservistenkonzept der Bundeswehr laut. Durch die drastische Reduzierung der Wehrübungsplätze stünden immer weniger Fachleute aus Reservistenkreisen zur Verfügung (Ärzte, Techniker), die Entlastung für die Einheiten in Kriseneinsätzen bringen könnten. Hier verkümmere ein Potential hochmotivierter Angehöriger der Reserve, das über die Jahre aufgebaut wurde.
Bemängelt wird darüber hinaus die zunehmende "Verbeamtung" des Soldatenberufes. Zugführer, die zu 50 Prozent mit Verwaltungstätigkeiten befasst sind oder Kompaniechefs, die sogar 80 Prozent ihrer Zeit am Schreibtisch verbringen, verlören den Kontakt zur Truppe. Auch könne dadurch das gerade im militärischen Bereich notwenige "Wir Gefühl" kaum noch aufkommen.
Die Wehrpflicht wird allgemein begrüßt und als notwendig angesehen. Allerdings fehlt es nicht an kritischen Stimmen zu immer kürzeren Wehrdienstzeiten, die keine sinnvolle Ausbildung mehr ermöglichen würden. Die Wehrpflicht werde statt dessen immer mehr ein "Schnupperkurs in Grün" mit einem sozialpolitischen Hintergedanken. Viele der befragten Soldaten glauben nicht, dass die Wehrpflicht auf Dauer aufrecht erhalten werden kann, obwohl sie selbst diese Wehrform begrüßen. Auffallend häufig wird in diesem Zusammenhang das Thema "allgemeine Dienstpflicht" aufgeworfen, mit dem das Problem der Wehrgerechtigkeit bei sinkender Wehrdienstzeit angegangen werden könne.
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