Das Erste: ARD-Chefredakteur Thomas Baumann weist Kritik des WDR-Rundfunkrats an Gesprächssendungen des Ersten zurück
München (ots)
Mit Verwunderung hat ARD-Chefredakteur Thomas Baumann auf die Kritik des WDR-Rundfunkrats an den so genannten Talksendungen des Ersten Deutschen Fernsehens reagiert. Der Rundfunkrat des WDR vertritt die Ansicht, es gebe im Ersten zu viele dieser Sendungen. Die Sendungen behandelten zu häufig ähnliche Themen mit denselben Gästen. "Diese Sichtweise erscheint mir sehr wenig differenziert zu sein und sehr stark auf selektiver Wahrnehmung zu beruhen", entgegnet Baumann. Die Auffassung des Rundfunkrats, die Gesprächssendungen des Ersten haben sich in den letzten Monaten zu intensiv mit dem Thema "Wulff" befasst, weist Baumann zurück. Diese Kritik verkenne, dass der "Fall" des Ex-Bundespräsidenten monatelang viele Medien im Lande beschäftigt habe, weil es ein in der bundesdeutschen Geschichte einmaliger Vorgang sei. "Die Dimension dieser Causa und ihre Folgewirkungen haben es eindeutig gerechtfertigt, dieses Oberthema in mehreren Sendungen aufzugreifen", erklärt Baumann. Überdies hätten die Gesprächssendungen des Ersten während der "Affäre Wulff" auch eine Vielzahl anderer Themen behandelt - wie etwa die Verschuldungskrise europäischer Staaten, den "braunen Terror" der "NSU" und das Unglück der "Costa Concordia".
Ins Leere geht der WDR-Rundfunkrat für Baumann mit seinem Vorwurf, die Gesprächssendungen des Ersten setzten immer nur auf die gerade aktuellsten Themen. "Unsere Sendungen springen keineswegs nur auf vorhandene Themen auf, sie setzen unabhängig von der Nachrichtenlage auch selbst eigene Themen", erwidert Baumann und nennt Beispiele:
- Warum gibt es so viele "Bildungsverlierer" in Deutschland ("Günther Jauch", 27.11.2011) - Gerät Auschwitz in Vergessenheit? ("Günther Jauch", 5.2.2012) - Wer versagt beim Kinderschutz? ("Günther Jauch", 26.2.2012) - Öffentlichkeit um jeden Preis? ("hart aber fair", 27.2.2012) - Beim Sterben Mensch bleiben ("hart aber fair", 16.4.2012) - Was hat das Prostitutionsgesetz in Deutschland gebracht? ("Menschen bei Maischberger", 13.3.2012) - Sind Deutschlands Beamte überversorgt und überbezahlt? ("Anne Will", 8.2.2012) - Albtraum Pflege ("Anne Will", 28.3.2012) - Hat die Kirche noch Antworten ("Anne Will", 4.4.2012) - Berliner Republik - ist die Realität die bessere Satire? ("Beckmann", 26.1.2012) - Frauen & Macht ("Beckmann", 8.3.2012) - "Kampfzone Politik" - vom gegenseitigen Umgang ("Beckmann", 12.4.2012)
Für eine Reduzierung der so genannten Talksendungen im Ersten, die der WDR-Rundfunkrat anregt, sieht Baumann keine Veranlassung. "Das Publikum jedenfalls scheint von der Qualität unserer Sendungen überzeugt zu sein und beobachtet diese mit zunehmendem Interesse", erklärt Baumann. Der ARD-Chefredakteur verweist darauf, dass seit der Einführung des neuen Programmschemas im Spätsommer 2011 vier der fünf Sendungen teils signifikante Zuwächse in der Akzeptanz verbuchen:
"hart aber fair" 2011: 3,06 Millionen Zuschauer/Marktanteil 9,6% "hart aber fair" 2012: 3,62 Millionen Zuschauer/Marktanteil 11,1% "Menschen bei Maischberger" 2011: 1,56 Millionen Zuschauer/Marktanteil 10,9% "Menschen bei Maischberger" 2012: 1,95 Millionen Zuschauer/Marktanteil 12,0% "Anne Will" 2011: 1,63 Millionen Zuschauer/Marktanteil 10,4% "Anne Will" 2012: 1,80 Millionen Zuschauer/Marktanteil 11,6% "Beckmann" 2011: 1,02 Millionen Zuschauer/Marktanteil 7,6% "Beckmann" 2012 : 1,06 Millionen Zuschauer/Marktanteil 7,0% "Günther Jauch" 2011: 4,52 Millionen Zuschauer/Marktanteil 15,6% "Günther Jauch" 2012: 4,82 Millionen Zuschauer/Marktanteil 15,7%
Dem Vorschlag des WDR-Rundfunkrats, unterschiedliche Sendungen sollten sich künftig jeweils einen Sendeplatz teilen, begegnet Baumann mit großer Skepsis: "Bei den Gesprächssendungen prägen Köpfe das Programm. Diese Wirkung droht zu verpuffen, wenn man an der Frequenz unserer Sendungen herumschrauben würde. Im Übrigen müssten die Produzenten für die Hälfte der Sendungen ebenso viel Personal vorhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Modell bezahlbar wäre", sagt Baumann.
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