ARD Medienpreis CIVIS im Europäischen Parlament in Straßburg an acht Autoren, Regisseure und Journalisten verliehen
Köln (ots)
Acht Autoren, Regisseure und Journalisten sind heute Abend im Europäischen Parlament in Straßburg mit dem ARD Medienpreis CIVIS für Integration und kulturelle Vielfalt geehrt worden. Mit dem Preis werden Hörfunk- und Fernsehproduktionen ausgezeichnet, die sich in herausragender Weise mit den Themen Zuwanderung, Integration und kulturelle Vielfalt beschäftigen und geeignet sind, das friedliche Zusammenleben in der europäischen Einwanderungsgesellschaft zu fördern.
Der Präsident des Europäischen Parlaments und Schirmherr der CIVIS- Preisverleihung, Dr. Josep Borrell, betonte: Mehr als je zuvor stellt die Förderung der Integration und kulturellen Vielfalt eine zwingende Notwendigkeit für die Europäische Union dar. Die EU habe trotz aller Integrationsbemühungen nicht das Ziel, die Identitäten der verschiedenen Kulturen zu verwischen. Ihre Aufgabe besteht darin, sie gegenseitig zu bereichern und ihre besten Eigenschaften für das gemeinsame Handeln zu nutzen.
Der Vorsitzende des Kuratoriums der CIVIS medien stiftung, WDR- Intendant Fritz Pleitgen, betonte die besondere Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Integration von Migranten und der Förderung der kulturellen Vielfalt. Gerade wir müssen außerordentlich vorsichtig mit Sprache und Bildern umgehen, um Vorurteilen, Diskriminierung und dem Schüren von Konflikten entgegen zu wirken. Wir haben dabei bereits beachtliche Fortschritte gemacht, aber es muss noch mehr getan werden, sagte Pleitgen. Er warnte davor, Probleme bei der Integration von Zuwanderern zu übersehen. Integration in Europa läuft mal gut, mal schlecht, deshalb müssen wir hinschauen und die Probleme nicht mit falsch verstandener Toleranz zudecken. Multikulturalität ist ein Faktum, das nicht per se zum Dialog führt. Man muss etwas dafür tun, und zwar auf beiden Seiten, Mehrheitsgesellschaft und Einwanderer. Dieser Weg bedeutet mitunter harte Arbeit, die sich am Ende aber lohnt.
Der ARD Medienpreis CIVIS wurde von fünf Jurys unter Vorsitz der Schauspielerin Suzanne von Borsody, des Fernsehmoderators Frank Elstner, des BR-Hörfunkdirektors Dr. Johannes Grotzky, des Journalisten Stefan Tolz und von Prof. Rudolf Sarközi, Obmanns des Kulturvereins österreichischer Roma, vergeben. Außer durch WDR- Intendant Fritz Pleitgen wurden die Ehrungen in einer festlichen Preisverleihung überreicht durch Dagmar Roth-Behrendt, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Buket Alakus, Filmregisseurin, Miroslav Nemec, Fernsehschauspieler und Musiker, und durch Dr. Reinhart Freudenberg, Vorsitzender des Kuratoriums der Freudenberg-Stiftung. Moderiert wurde die Veranstaltung von der ARD- Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger.
Der Europäische CIVIS Fernsehpreis im Bereich Unterhaltung ging an den Autor und Regisseur Hartmut Schoen für den Fernsehfilm Der Grenzer und das Mädchen (WDR, 2005). Der Film handelt von einer Liebe zwischen einem deutschen Grenzschützer und einer jungen Ukrainerin, die sich als Fluchthelferin ein Zubrot verdient. Die beiden kommen sich an der neuen EU-Ostgrenze doch sehr nahe und die Welt des pflichtbewussten Beamten gerät gründlich aus den Fugen. In einfühlsamen Bildern von hoher poetischer Kraft werden die geografischen und mentalen Grenzen der Integration deutlich, aber auch die Möglichkeit zu deren Überwindung. Die meisterliche Darstellung lebt nicht zuletzt durch die eindrucksvolle schauspielerische Leistung von Margarita Breitkreiz und Axel Prahl. Rundum ein Meisterwerk, so die Begründung der Jury.
Den Europäischen CIVIS-Fernsehpreis im Bereich Information erhielten die in Schweden lebenden Autoren und Regisseure Hakan Berthas und Johan Bjerkner für ihre Dokumentation Nabila (Sveriges Television, 2004). Nabila ist eine muslimische Frau und bekannte Rapperin, die gegen patriarchalische Unterdrückung und Rassismus, für das Recht auf Selbstbestimmung kämpft. In der Jury-Begründung heißt es, das Porträt Nabilas gebe einen Einblick in das moderne Lebensgefühl junger muslimischer Einwanderer der zweiten Generation in Schweden. ... In einem sich wandelnden Wertesystem muss Nabila ihre Position als politisch engagierte Rapperin täglich neu erkämpfen. Ein ungewöhnlicher Film über Integration, auf hohem ästhetischen Niveau.
Den Deutschen CIVIS-Fernsehpreis im Bereich Unterhaltung bekam der Journalist und Drehbuchautor Florian Hanig für seinen Fernsehfilm Folgeschäden (SWR, ARTE, BR, 2005). Der Film zeigt eine interkulturelle Modellfamilie, deren heile Welt Risse bekommt, als der Mann, ein algerischer Wissenschaftler, des Terrorismus verdächtigt wird und die Polizei seine deutsche Frau ausfragt. Es ist ein aktueller Filmbeitrag über zerstörerische Vorurteile und Verdächtigungen gegen ethnische und religiöse Minderheiten. Folgeschäden greift ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema auf und dramatisiert es hochspannend. Multikulturelle Beziehungsmuster und Elemente anderer Kulturen kommen unaufdringlich ins Spiel. Ein Film mit nachhaltiger Wirkung, erklärte die Jury.
Mit dem Deutschen CIVIS-Fernsehpreis im Bereich Information wurde der Fernsehautor und Regisseur Michael Richter für seine Reportage Abschiebung im Morgengrauen Alltag in der Ausländerbehörde ausgezeichnet. Die Reportage von Michael Richter konfrontiert mit einer Realität in Deutschland wie sie nur wenige kennen. Sein Film über den Alltag in einer Ausländerbehörde zeigt exemplarisch die Folgen politischer Entscheidungen für die Betroffenen. Ein Lehrstück über Bürokratie und Menschlichkeit - ohne vordergründige Schuldzuweisungen. Eine investigative Leistung, die durch ihre authentischen Bilder überzeugt. Ein eindringlicher, ein wichtiger Film ohne voyeuristische Perspektiven. Ein Film, der zur Stellungnahme auffordert, heißt es in der Jury-Begründung.
Der Deutsche CIVIS-Hörfunkpreis im Bereich Information ging an den Hörfunkjournalisten Bastian Wierzioch für seinen Magazinbeitrag Adrian Fischer: deutsch-schwarz-fremd (MDR FIGARO, 2004). Der Magazinbeitrag gibt Einblick in die Empfindungen und Erfahrungen eines schwarzen Sechzehnjährigen in der sächsischen Schweiz, der immer wieder Ziel diskriminierender, rechtsextremer Anfeindungen und Übergriffe wird. Jurybegründung: Dem Autor Bastian Wierzioch gelingt es in diesem formal herausragenden Kurzbeitrag, die Authentizität der Aussagen zu wahren sowie die Hörerinnen und Hörer zum Nachdenken über eigene Sichtweisen zu bewegen. Gerade die kurze Sendeform ist besonders geeignet, ein Massenpublikum positiv anzusprechen.
Der Deutsche CIVIS-Hörfunkpreis im Bereich Unterhaltung wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Erster Preisträger des erstmals ausgeschriebenen Europäischen ROMA Fernsehpreis ist der lettische Filmautor und Regisseur Romualds Pipars. Er bekam die Auszeichnung für seinen Dokumentarfilm For all my life (Latvian National Television 1, 2005). Der Film zeigt das einträchtige Zusammenleben von Roma und Letten in der lettischen Stadt Sabile und erinnert an die Geschichte dieses gegenseitigen Verständnisses während des Zweiten Weltkrieges. In der Tradition des osteuropäischen Dokumentarfilms zeigt der Beitrag des lettischen Fernsehens eine Bestandsaufnahme alltäglichen Lebens der Roma und Letten in Sabiles. ... Es gibt Armut in Sabiles, aber keinen erkennbaren Antiziganismus. Eine beeindruckende Darstellung gelungener Integration, fand die Jury.
Den Young CIVIS media preis, der als Europäischer Förderpreis vergeben wird, erhielt die in Polen geborene Regisseurin Renate Gosiewski für ihren Kurzspielfilm Weisse Ameisen (Filmakademie Baden- Württemberg, 2005). Der Film handelt von zwei jugendlichen Einwanderern aus Tansania, die nach dem Tod ihrer Mutter über ihr Leben in Deutschland in Konflikt geraten. Gosiewskis Film stellt die unterschiedlichen Kulturen einander gleichberechtigt gegenüber und meidet nicht die Auseinandersetzung mit dem alltäglichen Rassismus. Mit Bildern von hoher Symbolkraft, Tonmontagen und dem einfühlsamen Einsatz von musikalischen Elementen gelingen poetische Momente, die im Gedächtnis bleiben, begründete die Jury diese Preisvergabe.
Das ARD Fernsehmagazin Polylux wurde mit einer lobenden Erwähnung der Jury des Deutschen CIVIS-Fernsehpreises geehrt. Das ARD- Fernsehmagazin Polylux konnte die deutsche CIVIS-Fernsehjury 2005 mehrfach durch ungewöhnliche Berichterstattungen zum Thema Integration und kulturelle Vielfalt in Deutschland überraschen. Ob als intelligentes Spiel mit Vorurteilen, humorvollen Darstellungen multikultureller Wirklichkeit oder durch Einblick in rechtsextreme Musiktrends: Polylux präsentierte in mehreren Wettbewerbsbeiträgen ungewöhnliche Perspektiven auf eine oft verbissen geführte Debatte, erklärte die Jury unter Vorsitz von Suzanne von Borsody.
Der europäische ARD Medienpreis CIVIS wird von der ARD, vertreten durch den Westdeutschen Rundfunk, gemeinsam mit der Freudenberg Stiftung in allen 25 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ausgeschrieben. CIVIS wird unterstützt vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, dem Europäischen Parlament, der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC), dem Österreichischen Rundfunk (ORF), der Europäischen Rundfunkunion (EBU) und der ungarischen Stiftung Autonómia.
Der ARD Medienpreis CIVIS ist mit insgesamt 47.000 Euro dotiert.
Weitere Infos unter http://civis.ard.de
Fotos von der Preisverleihung unter www.ard-foto.de
Pressekontakt: Uwe-Jens Lindner WDR Pressestelle Telefon 0173 546 90 44 uwe-jens.lindner@wdr.de
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