Interview mit Nina Petri (39)
"Meine Tochter ist keine Mörderin"
(22.10.2002, 20.15 Uhr)
Berlin (ots)
"Meine Tochter ist keine Mörderin" wurde in den USA gedreht. Wie war's? Gibt es Unterschiede zu Deutschland?
Dort wird auch nur mit Wasser gekocht, aber etwas ist ganz anders: Die Arbeitszeiten und -bedingungen sind gewerkschaftlich geregelt. Dort können die Produktionen nicht machen, was sie wollen. Irgendwann gibt's was zu essen, und irgendwann ist einfach Schluss. Das fand ich sehr verblüffend. In Deutschland wird man mehr oder weniger gezwungen, auch mal 16 Stunden zu arbeiten, obwohl das eigentlich schon zwei Arbeitstage sind. Die Regelungen in Amerika gelten nicht nur für die Schauspieler, sondern auch für die Techniker - es gibt insgesamt mehr Absicherung. Danach habe ich gedacht, ich starte hier eine kleine Revolution, aber ich glaube, das ist aussichtslos hierzulande.
Warum?
Hier verdienen die Schauspieler viel mehr Geld als dort - außer den großen Stars natürlich. Und hier wird gesagt: Ihr verdient doch so viel, dann könnt ihr auch kräftig arbeiten.
Könnten Sie sich vorstellen, in Hollywood zu arbeiten?
Nein, das konnte ich mir vorher nicht vorstellen und jetzt auch nicht. Ich habe Lust - falls sich das mal bietet, was ich aber kaum für möglich halte - dort mal zu arbeiten, aber mich interessiert viel mehr das europäische Kino.
Was hat Sie bewogen, die Rolle anzunehmen?
Die Regisseurin Sherry Hormann war ein Grund - mit ihr habe ich ihren ersten Film gemacht. Wir sind uns nach zehn Jahren wiederbegegnet als gestandene Frauen mit Kindern sozusagen und der einen oder anderen Familiengeschichte im Hintergrund. Das passte gut zusammen: Sherry, die Figur und ich. Sie hatte erst Schwierigkeiten mir zu sagen, dass ich eine Großmutter spielen soll. Aber ich hätte nur ein Problem damit gehabt, wenn ich mich hätte 30 Jahre älter schminken lassen müssen, aber so...? Es hat mich gereizt, dass ich eine Frau spiele, die mitten im Leben steht und für sich immer neue Entscheidungen fällt. Das finde ich fast schon ungewöhnlich, weil Frauen in meinem Alter oft Kinder haben und so dargestellt werden, als wäre der Reiz des Lebens und die Eigenständigkeit damit weg. Gerade Mütter werden als Frauen gar nicht richtig wahrgenommen. Im Film wird eine Frau dargestellt, die sich von ihrem Mann und ihren Töchtern vor Jahren getrennt hat; jetzt, wo eine Tochter in Not ist, kehrt sie zurück und trifft wieder klare, eigene Entscheidungen.
Sie sind Mutter von Zwillingen: Haben Sie auch das Gefühl, dass man zur Löwin wird, wenn es um die Kinder geht?
Ja, absolut. Die schlimmsten Szenarien mag ich mir gar nicht ausmalen. Ich wäre zu allem fähig, um meine Kinder zu schützen.
Sie sind eine der wenigen Schauspielerinnen, die ihr Alter nicht verschweigen.
Heutzutage ist das doch gar nicht mehr möglich! Ich finde es total blöd, dass mein Alter bekannt ist. Es ist unverschämt, dass in Deutschland neben dem Namen in Klammern das Alter steht! Es gehört zu unserem Beruf - gerade bei uns Frauen -, dass man übers Alter nicht redet. Es ist ja wohl klar - nicht erst heute, sondern zu allen Zeiten -, dass man als Frau nur sehr schwer altern kann. Und in dem Beruf nochmal doppelt schwer. Wenn z.B. auf der Setcard steht, wie alt man ist, aber man in Wirklichkeit zehn Jahre jünger aussieht, ist der Zug für bestimmte Rollen einfach abgefahren. In Amerika gibt's das gar nicht!
Was halten Sie von Schönheitsoperationen?
Ich bin zerrissen: Vor ein paar Jahren habe ich noch gesagt, dass ich nicht mal darüber nachdenke, aber inzwischen konfrontiere ich mich damit, dass das zumindest in meinem Job nicht unrealistisch ist - aber ich habe noch nichts unternommen. Der Reiz, den Frauen und nicht Mädchen haben, wird hierzulande gar nicht richtig im Film gewürdigt. Ich spiele schon seit einiger Zeit immer wieder Mütter, und meine TV-Kinder sind gerade mal 16 Jahre jünger als ich... Letztes Jahr habe ich ironisch zu mir gesagt: "Na wart's mal ab, nächstes Jahr spielst du die erste Großmutter." Und schon ist es passiert.
Was tun Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich verbringe viel Zeit mit meinen Kindern, und im Moment bin ich dabei, meine Wohnung zu renovieren - was ziemlich nervt, weil ich andauernd putzen muss. Nicht arbeiten, heißt nicht drehen. Ich habe dieses Jahr drei Hörbuchproduktionen gemacht und eine ganz eigene mit erotischer Literatur, da singe ich sogar. Außerdem habe ich ein ausgeprägtes Privatleben und gehe auch mal ins Fitnessstudio - ohne Wahn, nur um mich fit zu halten.
Demnächst sind Sie im Kino zu sehen.
Ja, in dem Kinderfilm "Hilfe ich bin ein Junge" und in "Große Mädchen weinen nicht".
Interview: Anke Walter
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