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Admiralarzt: Einsätze fordern Marinesanitätsdienst Von Jürgen R. Draxler
Glücksburg (ots)
LANGENARGEN - Weltweit ist die Deutsche Marine derzeit mit etwa 1.200 Soldaten an den Bundeswehreinsätzen beteiligt. Je nach Auftrag und Umfang unterstützt der Marinesanitätsdienst diese Einsätze unterschiedlich. Eine Herausforderung für eine (vom Admiralarzt bis zum Gefreiten) nur rund 400 Soldaten zählende Truppe - darunter 120 Ärzte und Zahnärzte sowie einige Apotheker.
Trotz hoher Einsatzbelastung sieht Admiralarzt Dr. Rainer Pinnow die "Familie Marinesanitätsdienst" als intakt an. Denn: Seefahrt war immer "Einsatz", erklärte er vor dem diesjährigen (25.) Bodenseeforum. An der viertägigen Veranstaltung in Langenargen am Bodensee nahmen 350 Fachleute teil. Das Symposium dient alljährlich militärischen wie zivilen Experten in Sachen Einsatzmedizin und Katastrophenschutz aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Erfahrungsaustausch wie zur Fortbildung.
Zu den besonderen Herausforderungen für den Mainesanitätsdienst zählte Pinnow die Einsätze "United Nations Interim Forces in Lebanon" (UNIFIL), "Operation Enduring Freedom" (OEF), den "Einsatz- und Ausbildungsverband" (EAV) sowie die Beteiligung an den zwei "Standing NATO Maritime Group" (SNMG). Zeitdauer: jeweils fünf bis sechs Monate.
Unter den Bedingungen einer asymmetrischen Bedrohung (Terrorattacken mit Speedbooten, Flugkörpern und ähnlichem) sei die Marine bei ihren Einsätzen zwar auf alles vorbereitet, man habe bisher aber auch Glück gehabt. Da die Bedrohung "zwar jederzeit vorhanden, aber nicht sichtbar ist", sieht der Admiralarzt in einer sich zur Routine reduzierenden Aufmerksamkeit eine zusätzliche Gefahr.
Die medizinische Versorgung der Deutschen Marine gilt, wie Pinnow weiter erläuterte, weltweit als "Goldstandard". So seien beispielsweise an Bord der 15 Fregatten Schiffsarztgruppen, die im Einsatz die medizinische Erstversorgung sicherstellten, während andere Nationen ihre Schiffe selten mit Sanitätsoffizieren besetzten. "Da wir fast nur in internationalen Verbänden fahren, ist der deutsche Zahnarzt nicht nur eine Rarität, sondern im Hafen auch höchst gefragt", berichtete der oberste deutsche Marinearzt.
Pinnow verdeutlichte, was hinter dem Schlagwort "Sicherstellung der Rettungskette" steckt: Nämlich jedem deutschen Soldaten eine medizinische Versorgung möglichst auf heimatlichem Niveau zu bieten. Dazu hielten die Seestreitkräfte auf ihren beiden Einsatzgruppenversorgern (EGV) sogenannte Marineeinsatzrettungszentren (MERZ) vor. Sie böten neben einer chirurgischen Erstversorgung auch entsprechende postoperative (nachversorgende) Pflegekapazitäten.
Doch damit nicht genug. Im Vorfeld von Einsätzen oder Auslandsreisen werden küstennah gelegene zivile Klinken aufgesucht, um bei Eignung mit ihnen Kooperationsvereinbarungen zu schließen - sodass dort im Notfall dann eine weitere medizinische Versorgung verletzter Soldaten möglich wäre. Für deren Transport kann auf die an Bord der Fregatten und EGV stationierten Hubschrauber zurückgegriffen werden.
Die Realität weltweiter Einsätze verlangt dem Marinesanitätsdienst eine bisher kaum gekannte Bandbreite medizinischer Hilfeleistungen - auch für zivile Schiffe - ab. Was der Admiralarzt hierzu allein aus den ersten fünf Monaten dieses Jahres zu berichten wusste, sprach für sich: Da ging es beispielsweise um die Versorgung schwerer Brandverletzungen, hinzu kamen eine Amputation sowie eine Reanimation - und, ebenfalls an Bord eines Kriegsschiffes nicht gerade alltäglich: die Eileiterschwangerschaft einer Soldatin.
Wer medizinisch derart vielfältigen Anforderungen gerecht werden soll, ist auf eine umfassende Ausbildung angewiesen. So gehören zur zwölfmonatigen Schiffsarztausbildung die Tauch-, Flug-, Schifffahrt-, Arbeits- und Zahnmedizin sowie das Training "Überleben auf See".
An dem Admiralarzt ebenfalls unterstellten Schiffahrtmedizinischen Institut der Marine in Kiel wurde ein Schiffslazarett installiert. In diesen Teamtrainer seien alle Notfälle über Computersysteme einspielbar. Videoaufzeichnung aller Lagen helfen anschließend, wie Pinnow betonte, den Akteuren aufzuzeigen, ob und wenn wo Optimierungsbedarf besteht - sei es fachlich, kommunikativ oder im Umgang miteinander.
Mit einer fast beiläufig eingestreuten Anmerkung überraschte Admiralarzt Pinnow zu Abschluss seiner Ausführungen: Fast jeder zweite Schiffsarzt ist mittlerweile weiblich.
Redaktioneller Hinweis: Schiffahrtmedizinisches Institut - Eigenname, Schreibweise mit zwei f
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