Caritas: Wir stehen an einem Wendepunkt: Die Rohingya sind in Gefahr, in Vergessenheit zu geraten
Kutupalong/Freiburg (ots)
Ein Brand im weltweit größten Flüchtlingscamp Kutupalong hat 7.000 Menschen obdachlos gemacht - Sechs Jahre nach der Vertreibung der Rohingya aus Myanmar fehlen den Menschen jegliche Perspektiven - Hilfsgelder reichen nicht mehr aus, Kinder hungern - Anzahl der Rohingya-Bootsflüchtlinge nimmt stark zu.
Wieder einmal sind im Flüchtlingscamp Kutupalong Unterkünfte der Rohingya niedergebrannt, wieder einmal wird damit das Schicksal dieser Menschen für kurze Zeit ins öffentliche Bewusstsein gehoben. Doch das reiche längst nicht aus, die Flüchtlingsfrage der 2017 aus Myanmar vertriebenen Menschen zu lösen, kritisiert Caritas international in Freiburg. Das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes warnt eindringlich davor, die Rohingya in Bangladesch zu vergessen. "Wir stehen an einem entscheidenden Punkt in dieser Krise: Entweder die politisch Beteiligten finden eine Lösung für und mit den Flüchtlingen, die ihnen eine echte Zukunft eröffnet, oder ihr Schicksal gerät in völlige Vergessenheit gepaart mit absoluter Perspektivlosigkeit", warnt Angela Gärtner, Länderreferentin von Caritas international.
Die Entwicklung spricht gegen die Flüchtlinge: Die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, für die Versorgung der Rohingya finanziell aufzukommen, schwindet rapide. Kamen 2022 noch fast zwei Drittel der benötigten Mittel zusammen (62 Prozent), sind ein Jahr später (2023) nur gut die Hälfte davon gedeckt (55 Prozent) von insgesamt 275 Millionen Dollar. Im Jahr 2023 mussten die Vereinten Nationen die Nahrungsmittelunterstützung für die mehr als 700.000 Menschen im Flüchtlings-Camp Kutupalong im Süden Bangladeschs von zwölf auf acht Dollar pro Monat kürzen. Die Konsequenzen trafen vor allem die Kinder: Sowohl die Fälle von Unterernährung als auch Kinderarbeit und -heirat sind deutlich angestiegen.
Eine Rückkehr der Rohingya in ihre Heimat in Myanmar ist nach wie vor in weiter Ferne. Politische Lösungsversuche stecken in einer Sackgasse: Das Regime von Myanmar ist nicht bereit, die von der internationalen Staatengemeinschaft geforderten Rahmenbedingungen für eine sichere Rückkehr einzuhalten, die Regierung von Bangladesch bleibt ebenfalls bei ihren strikten Regelungen, die eine Integration verhindern. "Die Rohingya dürfen das Lager offiziell nicht verlassen, Einkommensmöglichkeiten werden radikal beschränkt, selbst das Erlernen von Bengali, der offiziellen Sprache in Bangladesch ist untersagt", erklärt Gärtner.
Doch die Realität hat bereits Fakten geschaffen. Viele Rohingya sehen sich aufgrund der katastrophalen Bedingungen gezwungen, rund um das Camp illegaler, ausbeuterischer Beschäftigung nachzugehen, im Camp haben sich gewaltbereite Gruppen gebildet, die mit Überfällen, Entführungen und Erpressung die Atmosphäre in Kutupalong dominieren. "Die Gewalt im Camp hat stark zugenommen und reicht bis in die Familien. Insbesondere Frauen und junge Mädchen werden Opfer von wachsender geschlechtsspezifischer Gewalt", beschreibt Gärtner die Situation.
Die fehlende Perspektive bringt immer mehr Rohingya dazu, die gefährliche Bootsfahrt nach Sri Lanka, Indonesien und Malaysia als letzten Ausweg zu wagen. Viele sind dabei schon ums Leben gekommen.
Bei dem Brand im Camp Kutupalong sind nach Angaben der Vereinten Nationen etwa 800 Unterkünfte zerstört worden, 7.000 Menschen sind damit obdachlos. Berichte über Tote oder Verletzte liegen nicht vor. Der Camp-Abschnitt, für den die Caritas Bangladesch Sorge trägt, ist von diesem Ereignis nicht betroffen. Caritas international ist seit Beginn der Rohingya-Krise im August 2017 mit der Caritas Bangladesch in der Region vor Ort und unterstützt die Rohingya und die umliegenden Gastgemeinden bei der Reparatur und dem Bau von Unterkünften sowie mit Maßnahmen der Katastrophenprävention, um die Auswirkungen regelmäßiger Zyklone und Überflutungen zu minimieren. Die Caritas Bangladesch organisiert Einkommensmöglichkeiten, betreibt Lernzentren für Kinder und Jugendliche und hilft, Frauen und Mädchen vor Übergriffen besser zu schützen. Mit einfachen Verbesserungen wie solarbetriebene Straßenbeleuchtung und Taschenlampen, aber auch psychosoziale Hilfen und Beratungsangebote für direkt Betroffene werden diese gestärkt.
Hinweis an die Redaktion: Angela Gärtner steht Ihnen für Interviewanfragen gerne zur Verfügung.
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