Der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit: Der Umbau beginnt! / Bundesagentur für Arbeit - von der Behörde zum modernen Dienstleister
Berlin / Nürnberg (ots)
- Die BA bleibt Säule des Sozialstaats
- Sie wird wichtigster Dienstleister am Arbeitsmarkt
- Wir setzen auf kompetente und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Die BA kann das Problem der Arbeitslosigkeit nicht alleine lösen
Bundespressekonferenz am 22. August 2002 in Berlin
Florian Gerster: Der Umbau beginnt
Nach Vorlage des Berichts der Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" und des Kabinettsbeschlusses dazu beginnt der Vorstand, die Bundesanstalt für Arbeit zu einem modernen Dienstleister zu gestalten. Er setzt dabei auf qualifizierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gibt ihnen neue Chancen für die persönliche Entwicklung.
Der Umbauprozess wird in seinem Kern zwei Jahre beanspruchen und Weichenstellungen des Gesetzgebers notwendig machen. Dort, wo wir den Gesetzgeber nicht brauchen und uns auf Empfehlungen der Kommission beziehen können, starten wir jetzt. Wesentliche Verbesserungen des Arbeitmarktgeschehens erfordern eine optimierte Dienstleistung, vor allem aber verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
Wir beginnen den Umbau mit der Führungsunterstützung der Landesarbeitsämter. Diese werden weiterentwickelt und übernehmen neue zusätzliche Aufgaben der regionalen Arbeitsmarktpolitik. Zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit den regionalen Arbeitsmarktpartnern werden am Sitz aller Landesregierungen Verbindungsstellen gebildet.
BA bleibt Säule des Sozialstaats
Vermittlung in Arbeit und Ausbildung, Gewährung von Lohnersatzleistungen im Fall der Arbeitslosigkeit und Qualifizierung zur Eingliederung im Arbeitsmarkt sind und bleiben Kernaufgaben der sozialen Sicherung in Deutschland. Der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit wird mit Unterstützung von Politik und Selbstverwaltung die Interessen der Beitragszahler wahren und sie vor Überforderung zu schützen versuchen. In ordnungspolitischen Fragen, etwa zur Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen, wird die BA eine unabhängige und konsequente Position einnehmen.
Die BA wird wichtigster Akteur am Arbeitsmarkt
Die reformierte BA wird - nach Wunsch des Vorstands künftig unter dem Namen Bundesagentur für Arbeit - eine gegenüber Zielgruppen und Regionen des Arbeitsmarktes aktivierende Rolle spielen. Sie wird sich stärker als bisher um die Nachfrageseite im Arbeitsmarktgeschehen, um die Arbeitgeber, kümmern. Akquisition offener Stellen, stellenorientierte Vermittlung auch mittels Arbeitnehmerüberlassung und die Koordination und Kooperation mit anderen sozialstaatlichen Diensten werden die Qualität von Vermittlung und Beratung für alle Kundengruppen verbessern.
Wir setzen auf kompetente und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Ziel der Neugestaltung ist nicht ein Abbau von Personal, sondern Umschichtungen zur Verstärkung von Vermittlung und Beratung. Die reformierte BA wird weiterhin an hunderten von Standorten in Deutschland präsent sein. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen stolz sein, unter dem Zeichen des zu arbeiten.
Wir wollen im Innenverhältnis mit unseren Arbeitsämtern künftig Ziele vereinbaren, deren Erreichung wir gemeinsam überprüfen. Auch vom Bundesgesetzgeber und der Bundesregierung sollten mit der reformierten BA künftig Ziele vereinbart und deren Erreichung kontrolliert werden. Das Vorschreiben von Aktivitäten, von Wegen zu einem vereinbarten Ziel, sollte der Vergangenheit angehören.
Wir begrüßen die von der Bundesregierung vorgesehene eindeutige Trennung von operativen Aufgaben beim Vorstand und kontrollierenden Aufgaben beim Verwaltungsrat sowie beratenden bei den örtlichen Beiräten.
BA kann Problem der Arbeitslosigkeit nicht alleine lösen
Die neue Bundesanstalt für Arbeit wird einen wirksameren Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten, vor allem durch Verkürzung und Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Das Problem lösen kann sie nicht. Dazu braucht es das Zusammenspiel von Politik, Arbeitnehmern und Arbeitgebern, der gesamten Gesellschaft.
Voraussetzung für einen nachhaltigen Rückgang der Arbeitslosigkeit ist die Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung. Sie steigt in einer Volkswirtschaft nur, wenn die Ausweitung der gesamtwirtschaftlichen Güter- und Dienstleistungsproduktion über dem Produktivitätsfortschritt liegt. Die direkte Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Abgaben verschiebt diese Beschäftigungsschwelle nach oben. Je erfolgreicher neue Beschäftigung etabliert wird, desto stärker können die flankierenden Dienstleistungen der Bundesanstalt für Arbeit wirken.
Heinrich Alt: Zusätzliche Kompetenzen und Fähigkeiten
Die Bundesanstalt für Arbeit baut umgehend zusätzliche Kompetenzen und Fähigkeiten zur Verbesserung des Arbeitsmarktes auf.
Wir organisieren eine intensive Zusammenarbeit mit möglichen Partnern in Jobcentern, die bis Mitte 2003 flächendeckend eingeführt werden. Sie sind auch für die Eingliederung arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger zuständig. Wo es sinnvoll und möglich ist, geschieht dies unter einem Dach. Ansonsten werden andere Formen der Zusammenarbeit genutzt, vor allem über elektronische Medien.
Personal-Service-Agenturen (PSA), die Arbeitslose beschäftigen, fortbilden und verleihen, werden in drei Modellen eingerichtet: privat, in Trägerschaft der Bundesanstalt für Arbeit und als Mischform. Bis Mitte 2003 wird es in jedem der 181 Arbeitsamtsbezirke eine PSA geben.
Die Vermittlung wird betriebs- und branchenorientiert ausgerichtet. Das stellt Betriebskenntnisse und Betriebsnähe der Vermittler sicher. Jeder Betrieb kennt den für seine Anliegen verantwortlichen Partner der Vermittlung. Die Kontaktdichte der Vermittler zu den Betrieben wird wesentlich erhöht. Die Beratungsangebote insbesondere für Existenzgründer, Klein- und Mittelbetriebe sowie die Leistungsberatung für Arbeitgeber werden erweitert.
Die Besetzung offener Stellen hat absolute Priorität. Den Betrieben werden marktfähige Bewerber mit realisierbaren Einstellungschancen angeboten. Dazu wird die qualifizierte Vorauswahl der Bewerber für Betriebe verbessert.
Eigenaktivitäten der Arbeitsuchenden werden stärker als bisher gefördert und gefordert. Der Kunde wird durch frühzeitige und kontinuierliche Information, Beratung, Profiling, Potenzialeinschätzung und, wenn nötig, Fortbildungsangebote aktiviert. Anreize und Sanktionen spielen dabei zusammen. Die Beratungsangebote werden auf Zielgruppen zugeschnitten. Durch Vorschalten eines Bewerbercenters und gezielte Beauftragung von Dritten mit Teilaufgaben steht mehr Zeit für die individuelle Beratung zur Verfügung.
Die Internet-Angebote werden verbessert und erweitert. Ziel ist ein umfassender Online-Service für alle Partner am Arbeitsmarkt. Angeboten werden selbstbeschreibbare Plattformen für Arbeitgeber und Bewerber. Der Zugriff auf die Job- und Stellenbörsen wird durch leistungsfähige Suchmaschinen und elektronische Jobagenten erleichtert. Statt punktueller Suche nach Bewerbern für Stellen oder Stellen für Bewerber wird es permanente Suchläufe geben.
Die Zusammenarbeit mit Dritten bei der Vermittlung wird intensiviert. Private und gemeinnützige Vermittler werden zur Unterstützung des Eingliederungsprozesses von Arbeitslosen frühzeitig und zielgerichtet eingebunden.
Die berufliche Qualifizierung wird neu ausgerichtet. Vorgesehen sind ein differenzierter modularer Aufbau der Qualifizierungsmaßnahmen, mehr Betriebsnähe sowie eine strikte Kosten-Nutzen-Orientierung an realisierbaren und zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten. Qualität, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb zwischen Anbietern von Weiterbildung rücken in den Vordergrund.
Aufgaben, die nicht direkt Beratung und Vermittlung sind, erledigt ein "back-office". Mehr Effizienz ergibt sich aus einer Standardisierung der Verfahren und Prozesse, einer besseren IT-Unterstützung und einem deutlichen Abbau interner Weisungen. So wird Personal für die Vermittlung frei.
Frank Jürgen Weise: Vier Zielbereiche der neuen BA
Vorrangig ist die Aktivierung aller Marktteilnehmer, vor allem durch schnelle Wiedereingliederung von Arbeitnehmern und stärkere Stellenakquisition bei Arbeitgebern.
- Mehr Kundenorientierung bedeutet mehr Vermittlerzeit mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
- Schlankere und schnellere Organisation bedeutet Reduzierung der Bearbeitungszeit und damit höhere Qualität und niedrigere Kosten
- Mobilisierung der Mitarbeiter erfolgt durch wechselnde Arbeitsinhalte und persönliche Entwicklung in 5-Jahres-Phasen.
Entsprechend der Beschäftigungsentwicklung und der Unterbeschäftigungsquote in den einzelnen Arbeitsamtsbezirken unterscheiden wir künftig vier verschiedene Typen von Arbeitsämtern. Es gibt Arbeitsamtsbezirke, in denen die Beschäftigung in den letzten fünf Jahren stark zugenommen hat und wenig Arbeitskräfte vielen offenen Stellen gegenüberstehen. Für diesen Arbeitsamtstyp wird das Ziel betriebsnahe Qualifizierung der noch vorhandenen Arbeitslosen und Fokussierung auf die Vermittlung sein. Dann gibt es Arbeitsamtsbezirke, in denen wenig offene Stellen und viele Arbeitslose vorhanden sind, also Unterbeschäftigung herrscht. Für Arbeitsämter dieses Typs kann das Ziel sein, Überbrückungsmodelle einzusetzen und die Mobilität zu fördern. Dazwischen liegen die Arbeitsamtsbezirke der Typen zwei und drei.
Die Ziele für die Führungskräfte und Mitarbeiter werden anspruchsvoll und realistisch sein. Beim Einsatz von Instrumenten werden lokale Schwerpunkte gesetzt. Die Mitarbeiter können so Erfolg auch in einem weniger günstigen lokalen Arbeitsmarkt haben. Wir werden den Leistungsvergleich von Arbeitsämtern gleichen Typus fördern.
Neues Führungssystem
Unser Führungssystem besteht aus drei wesentlichen Elementen:
* dem Controllingprozess, * dem neuen Verständnis von Führung der Mitarbeiter, * neuen Strukturen in der BA.
Wir werden für die verschiedenen Arbeitsmarkttypen Ziele setzen. Den Weg zum Ziel wählen die Führungskräfte und Mitarbeiter in der entsprechenden Einheit. Wir delegieren größtmögliche Freiheitsgrade auf die Ebene, die am besten beurteilen kann, was gemacht werden muss, um die Ziele zu erreichen.
Wir versorgen die Führungskräfte und Mitarbeiter mit allen relevanten Steuerungsinformationen, damit sie den Erfolg ihrer Arbeit selbständig erkennen und steuern können. Am Prozess der Zielfindung werden die Mitarbeiter beteiligt; die Ziele selbst werden vom Vorstand festgelegt, und wir achten darauf, dass Ziele eingehalten werden.
Neues Verständnis von Führung der Mitarbeiter
Ein neues Personalkonzept wird die Attraktivität der BA für Mitarbeiter und Führungskräfte steigern.
Attraktivere persönliche Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich durch einen 5-Jahres-Rhythmus für alle Führungskräfte - ein Novum im öffentlichen Dienst. Wir werden eine Personalentwicklung für alle Mitarbeiter aufbauen, die auf das persönliche Wachstum ausgerichtet ist und 5-Jahres-Phasen beachtet. Die Entscheidung kann sein: Wechsel, Aufstieg, Verlängerung, Ausdehnung, Verbreiterung.
Unsere Führungskräfte und Mitarbeiter werden neben der Arbeit in der Linienorganisation zunehmend Teamarbeit in klar definierten Projekten leisten.
Wir erproben die Grenzen des Dienst- und Tarifrechts, um eine verstärkte Dienstleistungsorientierung der Mitarbeiter zu erreichen. Wir prüfen die Konsequenzen des Umstiegs aus dem öffentlichen Dienstrecht in einen eigenen Tarifvertrag, sind dabei aber auf die Unterstützung des Gesetzgebers und der Personalvertretung angewiesen.
Alle Aus- und Weiterbildungsbereiche der BA, Fachhochschule, Verwaltungsschulen und die Führungsakademie werden auf die Unterstützung dieses Personalmodells zugeschnitten und auch für Dritte geöffnet.
Strukturen der neuen BA
Die Hauptstelle wird zur Zentrale für Zielsetzung, Steuerung und für die Entwicklung neuer Verfahren umgewandelt.
Die Landesarbeitsämter bekommen einen neuen Namen und eine neue Rolle.
* Wir entwickeln daraus Kompetenz-Center. * Wir konzentrieren Verwaltungsarbeit, die sinnvoller Weise auf dieser Ebene endet. * Wir definieren gemeinsam mit den Führungskräften die Aufgaben, die diese Ebene in der Führung in Zukunft wahrnehmen soll.
Wir implementieren eine kollegiale Führung auf allen Führungsebenen als Zweier- oder Dreier-Geschäftsführung.
Wir werden in Zukunft alle Strukturen immer wieder in Frage stellen, um zu vermeiden, dass eine radikale Reform mit tiefen Einschnitten notwendig wird. Unser Prinzip ist: Zelte statt Burgen, eine lernende, sich laufend anpassende schlagkräftige Organisation. Diese Organisation sichert letztlich Arbeitsplätze und schafft die Voraussetzung, dass wir die Zukunft bewältigen.
Gestaltung des Wandels
Wir werden Projekte definieren, die wir mit externer Unterstützung oder alleine bearbeiten. Bei diesen Projekten werden alle Rechte und Verfahren der Mitbestimmung, der Beteiligung der Personalräte, der Gleichstellungsbeauftragten, der Führungskräfte beachtet.
Wir werden diesen Prozess offen und transparent machen. Wir informieren die Gremien der Selbstverwaltung und die Mitarbeiter rechtzeitig über alle Absichten.
Wir werden mit einem Marketing intern und extern die neue BA positionieren. Die Öffentlichkeit soll die BA als schlagkräftige, erfolgreiche Organisation wahrnehmen.
Wir werden in 2 Jahren alle Veränderungen eingeleitet haben.
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