Neue interdisziplinäre historische Projekte im Programm PRO*Niedersachsen starten 2024 an der Universität Osnabrück
Drei innovative Forschungsprojekte des Historischen Seminars der Uni Osnabrück werden im Rahmen des Programms PRO*Niedersachsen ab Anfang 2024 mit insgesamt rund 593.000 Euro unterstützt. In den Vorhaben zur Geschichte der „Emslandlager“, der emsländischen Torfindustrie und des größten „Altersheims“ für Displaced Persons, das sich in den 1950er Jahren in Niedersachsen befand, kooperieren die Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung sowie die Professur für die Didaktik der Geschichte mit regionalen Partnern: Interdisziplinäre Perspektiven, public history und digitale Methoden markieren dabei innovative Zugänge zur Landesgeschichte.
065/2023 4.9.2023
Innovative historische Forschungen
Neue interdisziplinäre Projekte im Programm PRO*Niedersachsen starten an der Universität Osnabrück
Drei innovative Forschungsprojekte des Historischen Seminars der Uni Osnabrück werden im Rahmen des Programms PRO*Niedersachsen ab Anfang 2024 mit insgesamt rund 593.000 Euro unterstützt. In den Vorhaben zur Geschichte der „Emslandlager“, der emsländischen Torfindustrie und des größten „Altersheims“ für Displaced Persons, das sich in den 1950er Jahren in Niedersachsen befand, kooperieren die Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung sowie die Professur für die Didaktik der Geschichte mit regionalen Partnern: Interdisziplinäre Perspektiven, public history und digitale Methoden markieren dabei innovative Zugänge zur Landesgeschichte.
„Was geschieht mit alten Geflüchteten? Niedersachsen als Ort internationaler Flüchtlingspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg“
Dr. Sebastian Huhn, Senior Researcher an der Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung, startet ein neues Forschungsprojekt zur internationalen, deutschen und niedersächsischen Flüchtlingspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem größten „Altersheim“ für Displaced Persons und Flüchtlinge im niedersächsischen Varel, das zwischen 1950 und 1960 bestand. „Wir greifen damit nicht zuletzt ein immer noch drängend aktuelles Thema auf, das in der Migrationsforschung intensiv diskutiert wird, nämlich den Aspekt Gewaltmigration und Alter – viele Fragen zu Betreuung und Pflege älterer Geflüchteter sind noch immer ungelöst“, sagt Dr. Huhn. Das neue Projekt verdeutlicht, dass solche Probleme keineswegs neu sind, nach dem Zweiten Weltkrieg blieben in Niedersachsen Hunderte ältere Displaced Persons zurück, die in die Obhut der deutschen Sozialbehörden übergeben wurden. In Kooperation mit Dr. Lale Yildirim, Professorin für die Didaktik der Geschichte, wird das Projektteam Unterrichtsmaterialien und ein Schulprojekt entwickeln, um die Forschungsergebnisse unmittelbar in der Region und im Unterricht zu vermitteln.
„“Die „Emslandlager“: Transformation von Gewaltorten und Erinnerungskultur“
Die Geschichtsdidaktikerin Prof. Dr. Lale Yildirim konnte Mittel für das Vorhaben "Die ‚Emslandlager’ als Konfliktlandschaft in Transformation" einwerben. In enger Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Esterwegen wird das Projekt die Überformung der Standorte der Emslandlager von ihrer Gründung bis zur Entstehung der Gedenkstätten digital dokumentieren und analysieren. Ziel ist es, solche Transformationsprozesse durch forschendes Lernen mit Schülerinnen, Schülern und Studierenden zu erarbeiten. Der Zugang bietet die Möglichkeit, aktuelle Perspektiven auf vergangene Ereignisse aufzuzeigen und die Bedeutung des NS-Lagersystems im Emsland im heutigen Kontext besser zu verstehen und zu vermitteln. Das Projekt wird in enger Kooperation mit der Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung sowie der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Konfliktlandschaften der Universität Osnabrück umgesetzt – von 2020 bis 2023 konnte die Arbeitsgruppe in einem Projekt des Programms „Jugend erinnert“ bereits geoarchäologische Untersuchungen an ehemaligen Lagerstandorten durchführen. „Wir schließen mit dem neuen Projekt an eine bereits sehr erfolgreiche Kooperation mit der Gedenkstätte Esterwegen an,” so Professorin Yildirim, „deren didaktische Schwerpunkte wir nun systematisch ausbauen können. Für uns unterstreicht das Projekt, wie ertragreich Zusammenarbeit zwischen Didaktik, Fachwissenschaft und externen Partnern aus dem Bereich Forschung und Vermittlung sind.“ Gerade für Lehramtsstudierende bietet das Vorhaben die Gelegenheit, bereits im Studium praktische Erfahrungen zu sammeln.
„Die Entwicklung der Torfindustrie im Emsland – ein Teil des niedersächsischen Kulturerbes“
Das dritte neu bewilligte Forschungsprojekt haben Prof. Dr. Christoph Rass und PD Dr. Frank Wolff (beide Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung) gemeinsam mit Dr. Michael Haverkamp vom Emsland Moormuseum konzipiert. Das Museum ist auch zentraler Kooperationspartner, denn in dem Vorhaben geht es um die Erschließung und die Auswertung eines zentralen Sammlungsbestandes. „Für uns“, so Prof. Rass, „ist es ein großer Erfolg, mit diesem Vorhaben unsere Kooperation in der Region mit einem neuen prominenten Partner weiter auszubauen.“ Der Projektverbund wird mit der Auswertung des Nachlasses des renommierten Oldenburger Ingenieurs Karl-Hinrich Richard ein neues Kapitel zur Geschichte der Torfindustrie im Emsland schreiben. Das Team aus Universität und Museum bearbeitet dabei wirtschafts- und technikhistorische Fragen und verbindet diese mit Ansätzen aus der Umweltgeschichte. Der im Moormuseum lagernde Archivbestand umfasst rund 50 Aktenordner mit technischen Dokumenten, Reisenotizen, Korrespondenzen und Fotografien zur Entwicklung der Torfproduktion, -verarbeitung und -verwertung; hinzu kommt die Bibliothek Richards, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Zum ersten Mal wird damit einer der führenden Experten des Torfabbaumaschinenbaus Forschungsgegenstand, dies allerdings nicht nur mit Blick auf sein Wirken in der Bundesrepublik. Eine zentrale Fragestellung des Projekts wird sich Richards Handeln während der NS-Zeit widmen, über das bisher wenig bekannt ist.
Das Programm PRO*Niedersachsen umfasst mehrere Förderlinien, in deren Mittelpunkt hochrangige Forschungsvorhaben stehen, die neue Impulse für ihre jeweilige Fachrichtung setzen. Die zwei erstgenannten Projekte werden im Rahmen der Förderlinie „Forschungsprojekte der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“ finanziert. Das dritte Projekt wird durch „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“ gefördert.
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Christoph Rass, Universität Osnabrück
Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung
E-Mail: chrass@uos.de
Professorin Doktorin Lale Yildirim
Professur für die Didaktik der Geschichte
E-Mail: lale.yildirim@uos.de
Dr. Oliver Schmidt, Universität Osnabrück Stabsstelle Kommunikation und Marketing Neuer Graben / Schloss, 49076 Osnabrück Tele.: +49 541 969 4516 E-Mail: oliver.schmidt@uni-osnabrueck.de
Weiteres Material zum Download Dokument: 067_PM_Rass_Forpro_P~September_2023.docx