VAUNET - Verband Privater Medien
VPRT zum Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der EU-Fernsehrichtlinie:
Berlin (ots)
- Zu wenig Signale für mehr Flexibilität - Chance für zukunftsfähigen Regulierungsrahmen mit flexibler Werberegulierung und Abbau von Wettbewerbsnachteilen für elektronische Medien konsequenter nutzen
Mit Kritik und Zurückhaltung haben die im Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V. (VPRT) zusammengeschlossenen Unternehmen auf den heute in Brüssel vorgestellten Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der EU-Fernsehrichtlinie reagiert. Der bislang bekannte Entwurf zeige dort gute Ansätze, wo die kommende Regulierung den herrschenden Notwendigkeiten der TV-Branche angepasst wurde, so im Bereich der Werbung durch Streichung des Blockwerbegebotes und der Abstandsvorgaben für die meisten Programmformate. Auch die geplanten Regelungen zum Product Placement seien vor dem Hintergrund des derzeit ungleichen internationalen Wettbewerbs zu begrüßen. In anderen Punkten jedoch bleibe der Entwurf deutlich hinter den Erfordernissen eines zukunftsfähigen europäischen Medienmarktes zurück.
"Zu einer Reform des Regulierungsrahmens gibt es keine Alternative", so VPRT-Präsident Jürgen Doetz. "Die europäische Medienindustrie braucht einen wesentlich liberaleren Rechtsrahmen, um zukunftsfähig zu sein. Das Beharren auf Detailregelungen wird den europäischen Medienunternehmen im globalen Wettbewerb keinen Wachstumsimpuls verleihen." Doetz kündigte an, der VPRT werde sich deshalb bei der beginnenden parlamentarischen Beratung mit Nachdruck dafür einsetzen, weitere Verbesserungen für seine Mitglieder zu erreichen.
Der VPRT erwartet eine Umsetzung der revidierten Fernsehrichtlinie in Deutschland frühestens im Jahr 2009. "Bis dahin ist dieser Entwurf unter Umständen wieder von der digitalen Entwicklung überholt", so VPRT-Präsident Jürgen Doetz.
Dr. Tobias Schmid, Vorsitzender des Fachbereichs Fernsehen und Vizepräsident des VPRT: "Wir sehen gute Ansätze überall dort, wo überkommene Regulierungen wie die Abstandsregelungen und die Regelungen zu Einzelspots der Realität angepasst werden sollen. Andere Teile wie z. B. das Stundenmaximum oder die Unterbrechungsmöglichkeiten bei Filmen und TV-Movies sind nicht nur hinter unseren Erwartungen, sondern auch hinter wirtschaftlichen Anforderungen zurückgeblieben. Wer eine europäische Filmindustrie haben will, darf das Ausstrahlen von Filmen nicht unattraktiv machen. Die Ausweitung der Unterbrecherregelung bei Kinofilmen auf andere Programme ist ein nicht hinzunehmender Rückschritt."
Der VPRT kritisiert, dass die bestehenden Wettbewerbsnachteile des Fernsehens im Vergleich zu anderen Mediengattungen nicht korrigiert werden sollen. Das Fernsehen bleibt auch nach dem neuen Entwurf das am stärksten regulierte Medium. "Diese Benachteiligung gegenüber Print- und übrigen elektronischen Medien lässt sich im Zeitalter der Digitalisierung immer weniger rechtfertigen", so Schmid. Die stündliche Werbezeitenbegrenzung von 12 Minuten muss abgeschafft werden. Vor dem Hintergrund des vielfältigen Medienangebotes, das sich in der digitalen Medienzukunft noch weiter verbreitern werde, sei das Erfordernis europaweiter, harmonisierender Detailregelungen in diesem Bereich grundsätzlich zu hinterfragen."
Der VPRT setzt sich zudem für eine konsequentere Stärkung der Selbstkontrolle ein. Der Gedanke der Selbstverantwortung der Medienunternehmen werde bei der im Revisionsentwurf als Modell vorgesehenen staatlich überwachten Ko-Regulierung wieder aufgegeben. "Das ist ein gravierender Rückschritt und spricht uns Unternehmen jegliche Selbstverantwortung ab", so VPRT-Präsident Jürgen Doetz. "Wenn die Kommission schon eine unabhängige Kontrolle für die Einhaltung der Bestimmungen der Fernsehrichtlinie vorsieht, muss diese konsequenter Weise auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten. Dass ihre interne Kontrolle in vielen Bereichen nicht greift, zeigt die Programmpraxis der vergangenen Jahre eindrucksvoll."
Eine Missachtung der Position von Rechteinhabern sieht der VPRT in der angestrebten Einführung eines europäischen Kurzberichterstattungsrechtes für den Bereich der Fernsehübertragungen. Dieses umgehe die Lizenzierungspraxis von Rechteinhabern und gefährde das empfindliche Gleichgewicht auf dem Sportrechte-Markt. In Deutschland gebe es bereits ein im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenes Recht auf Kurzberichterstattung im Fernsehen, das in der Praxis gut funktioniere. Im Rahmen des Rechts auf Information soll in Zukunft auch nicht definierten "Intermediaries", insbesondere Nachrichtenagenturen, Zugang zu Bildausschnitten ermöglicht werden - ohne zu beachten, dass deren Geschäftsmodell gerade in der Kommerzialisierung von Bildmaterial besteht.
Die im Fachbereich Multimedia im VPRT zusammengeschlossenen Unternehmen kritisieren insbesondere, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagene Ausdehnung des Anwendungsbereiches der EU-Fernsehrichtlinie zu einer Höherregulierung führt. Dr. Marcus Englert, Vorsitzender des Fachbereichs Multimedia und Vizepräsident des VPRT: "Diese völlig unnötige Hochregulierung bestimmter Bereiche elektronischer Medien, z. B. durch Quoten in Form einer Produktionsempfehlung und die Ausdehnung der Sponsoringvorgaben auf nicht-lineare Dienste, schränkt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Multimediaindustrie ein. Die Abgrenzung linear und nicht-linear schafft im Vergleich zur vorherigen Rechtslage Grauzonen im Anwendungsbereich und Rechtsunsicherheit für die betroffenen Unternehmen." Durch die Ausdehnung und die unklaren Definitionen wird die Entwicklung neuer Multimedia-Angebote behindert, da sie nicht wie bisher flexibel auf die Marktentwicklung reagieren können. Die Erprobung neuer kundenattraktiver Angebote erfordert einen entsprechend weiten Spielraum.
Für Rückfragen: Pressesprecher Hartmut Schultz, Hartmut Schultz Kommunikation GmbH, Tel. 030/39880-101, Email: schultz@schultz-kommunikation.de
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