Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Glos
Köln (ots)
Egoistisch
CLAUDIA LEPPING zu Michael Glos
Was ist in Michael Glos ge fahren? Die Bundesregie rung schnürt zwei Rettungspa kete in Höhe von 100 Milliar den und 500 Milliarden Euro, um die Wirtschaft am Leben und damit Jobs in den Betrie ben zu halten - und der zustän dige Bundeswirtschaftsminis ter mag seinen persönlichen Frust über das ungeliebte Amt nicht länger ertragen und lieber vorzeitig aus dem Amt schei den. Bis zum Herbst wollte der CSU-Chef und Machtstratege Horst Seehofer den glück- und allzu oft kenntnislosen Glos ir gendwie über die Runden ret ten. Glos war als Lückenbüßer ins Kabinett Merkel gekommen und fügte sich nur widerwillig in den Job, um den Minister proporz zwischen CDU/CSU nicht zu gefährden.
Dass Seehofer bereits nach ei nem möglichen Nachfolger Ausschau hält, ist nur vernünf tig und rechtens, zumal der oft altersmüde wirkende Glos selbst nie Zweifel daran ließ, nach der Bundestagswahl den Posten aufzugeben. Es kann nur gut sein, wenn sich der Neue unter dem Vorbehalt ei nes Wahlsiegs frühzeitig in die Krisenmaterie einarbeitet. Sich nun über eben diese Nachfolge bemühungen zu beklagen, sich bloß gestellt und in der Autori tät geschwächt fühlen kann nur jemand, der sein Ego über das Amt stellt.
Indem Glos vorzeitig hinwerfen will, setzt er nicht nur seinen Intimfeind Seehofer unter enor men Zeitdruck; er nimmt auch in Kauf, die Bundesregierung zu schwächen. Damit hat sich Glos nun selbst vollends dis qualifiziert, an der Bewältigung der größten Wirtschaftskrise seit Bestehen der Bundesrepublik konstruktiv mitzuarbeiten. In diesem Sinne ist der mühsame Rücktritt von Glos noch dreister, egoistischer und verantwortungsloser als der trotzige Rückzug des dama ligen Bundesfinanzministers Oskar Lafontaine. Der hatte ge zielt seiner Partei - und seinem Kanzler - eins auswischen wol len, weil er sich von dem per sönlich brüskiert wurde. Lafon taine aber stand am Beginn sei ner Amtszeit als Finanzminis ter. Glos müsste nur noch ein halbes Jahr seine Pflicht erfüllen.
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