Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Rentenformel
Köln (ots)
Zweifelhaft
MARKUS GRABITZ, Berlin, zur Rentenformel
Das Bundeskabinett hat nun auch einen Schutzschirm für 20 Millionen Rentner aufgespannt. Ein kleiner Passus im Gesetz sorgt dafür, dass es künftig auch dann nicht zu Rentenkürzungen kommt, wenn Löhne und Gehälter von 40 Millionen Beitragszahlern rückläufig sein sollten. Es wäre weltfremd, die Koalition für das Einziehen der Rentensicherungsklausel zu verurteilen. Obwohl es durchaus Argumente gegen diesen erneuten Eingriff in die Rentenformel gäbe, steht doch fest: Zumal im Wahljahr kann man nicht von einer Regierung erwarten, dass sie Banken mit irrwitzigen Milliardensummen stützt, Ruheständlern aber Minusrunden zumutet.
Politisch verständlich, in der Sache aber heikel: Die Regierung hat sich diesen Schritt ohne Not aufzwingen lassen. Berechnungen der Rentenkassen belegen: Selbst wenn die Wirtschaft sechs Prozent schrumpft, reichen die Beitragseinnahmen 2009 aus, um 2010 an einer Rentenkürzung vorbei zukommen. Es bleibt also festzuhalten: Wenn man sich an die bisherige Rentenformel hielte, käme die Regierung wohl auch 2010 nicht in die missliche Lage, den Rentnern etwas wegnehmen zu müssen. Die Änderung der Rentenformel ist also voreilig. Sie ist auch unklug. Derzeit ändert sich die Wirtschaftslage so schnell, dass es wenig Sinn macht, sich so früh auf eine Maßnahme festzulegen.
Zumal der Preis für das Vorpreschen in Sachen Rente weh tut. 2008 bereits hat die Koalition die Rentenformel manipuliert: Als sie den Rentnern im Aufschwung keine weitere Nullrunde zumuten wollte, wurde der Dämpfungsfaktor kurzfristig außer Kraft gesetzt. Heute bereut das so mancher.
Es ist unredlich, wenn die Politiker allenthalben so tun, als ob die schlimmste Wirtschaftskrise seit Republikgründung für Arbeitnehmer, Beitragszahler, Rentner und Steuerzahler folgenlos bleiben könnte. Das nehmen die Menschen ihnen auf Dauer nicht ab. Sie wissen, dass Garantieerklärungen der Politik mit Vorsicht zu genießen sind. So schwindet auf Dauer auch das Vertrauen in die Rentenversicherung.
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