Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Dienstwagenaffäre
Köln (ots)
Integrität beschädigt
CLAUDIA LEPPING, Berlin, zu Ulla Schmidt
Hier noch ein Urlaub, dort ein Privattermin - und der Fahrer mit dem Dienstwagen immer vor der Tür: Strapaziert Ulla Schmidt die Richtlinien der Dienstfahrzeugnutzung über die Grenze des Anstands und nimmt den Steuerzahler aus, wo sie nur kann? Es fehlt nicht viel an diesem Eindruck. Und da die Dame noch dazu derart unwirsch und ohne Gespür für die gesellschaftliche Grundstimmung reagiert, hat sie zu Recht ein Problem. Ein erhebliches Problem, denn es geht um ihre politische Integrität - und um die des Kanzlerkandidaten Steinmeier, der sie in seinem Kompetenzteam für vertrauens- und glaubwürdig hält und sich gestern mannhaft hinter sie stellte.
Mit ihrer Rechtfertigung ("Das steht mir zu") legt Ulla Schmidt eine Haltung an den Tag, die das Grundmisstrauen der Bürger gegenüber Politikern auf leichtfertige Weise bestätigt und schürt. Der Generalverdacht ist so nicht mehr aus der Welt zu schaffen.
Vielmehr müssen die geltenden Richtlinien grundsätzlich überprüft werden. Niemand, auch nicht Ulla Schmidt, hat gegen geltende Regeln verstoßen - so weit, so unzureichend die Erkenntnis. Die Affäre zeigt, wie dringend geklärt werden muss, auf welche Ausstattung, auf welches Niveau von Personenschutz und auf welche Logistik die Regierungsmitglieder zurückgreifen können sollten. Erstens sind sie auch im Urlaub immer im Dienst, weil sie zu jeder Tag- und Nachtzeit regieren, reagieren müssen. Zweitens aber stehen sie in der Pflicht, allen daraus entstehenden Versuchungen zu widerstehen. Deshalb reicht es, drittens, nicht, den Betroffenen selbst allzu großen Ermessensspielraum einzuräumen.
Die Richtlinien gestatten es Regierenden, die Limousinen auch privat zu nutzen, gar selbst zu fahren, Fremde mitzubefördern, einen Fahrer einzubestellen. Geldwerter Vorteil muss versteuert werden. Dem Bürger ist das zu wenig. Er ahnt, wie leicht Fahrten umgewidmet und Bedürfnisse geltend gemacht werden können, wenn nur der Chef ein Auge zudrückt - vor allem, wenn der Minister selbst der Chef ist.
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