Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Bartsch/Linke
Köln (ots)
Triumph der Vergangenheit
NORBERT WALLET, Berlin, zum Machtkampf der Linken
Wer dem unübersichtlichen Treiben in der Linkspartei nur von Ferne zuschaut, kann kaum ermessen, wie sehr das jüngste Gezänk die Partei durchrüttelt.
Dietmar Bartsch, der Bundesgeschäftführer, wird im Mai nicht mehr erneut für das Amt kandidieren. Ein halber Rücktritt also.
Das allein ist für die Partei schlimm genug, denn Bartsch ist ein kundiger Organisator und tüchtiger Wahlkampf-Manager, und davon gibt es in der Linkspartei ganz sicher so viele nicht.
Verheerend für die mühsam zusammengewachsene Ost-West-Partei ist aber das Aufbrechen alter Konfliktlinien. Die Auflehnung gegen Bartsch wurde aus dem Westen angeführt. Dort wurde, übrigens nicht völlig zu Unrecht, gemutmaßt, Bartsch wolle die Linkspartei möglichst rasch von Oskar Lafontaine befreien. Ob der Bundesgeschäftsführer dabei tatsächlich mit Denunziationen gearbeitet hat und die Krankheit Lafontaines unfair ausnutzte, ist unklar. Wenn es so war, ist das nicht schön.
Aber in der Sache hat Bartsch eines sehr richtig gesehen: Der radikale Kurs Lafontaines, der mehr auf die Zerstörung der SPD als auf die Regierungsbeteiligung der Linken im Bund hinarbeitete, ist für die Linken unproduktiv: Weil er den Chaoten, Altlinken und Sektierern im Westen so herrlich Vorschub leistet, weil er die realpolitischen Erfahrungen der regierungserprobten Ost-Linken ignoriert, und weil er den Linken eine entscheidende Entwicklungsperspektive abschneidet.
Im Grunde hat in diesem Machtkampf nicht nur der Westen gegen den Osten triumphiert, sondern die Vergangenheit über die Zukunft - und ideologische Verbohrtheit gegen Pragmatismus.
Endgültig entschieden ist das alles längst nicht. Die Partei will sich demnächst um eine Selbstverständlichkeit bemühen - ein Programm. Erst wenn das vorliegt, ist klar, welchen Kurs die Partei für die nächsten Jahre verfolgen will.
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