Kölnische Rundschau: zum Datenspeicher-Urteil
Köln (ots)
Was geht den Staat oder eine Behörde an, ob jemand bei Anwälten, Ärzten oder Freunden anruft, wie lange die Gespräche jeweils dauern und an welchem Ort er sich dabei befindet? Der scheidende Präsident des Karlsruher Gerichts, Hans-Jürgen Papier, hat sich mit diesem letzten Spruch unter seiner Regie ein kleines Denkmal gesetzt, indem er den Gesetzgeber zum Nachbessern auffordert. Der Bürger muss vor dem Pauschalzugriff auf Daten und Details seines persönlichen Umfelds geschützt werden. Es darf nicht so weit kommen, dass seine Aktivitäten rekonstruierbar werden. Erst wenn er eine Straftat begangen hat, verliert der Bürger den Anspruch auf Daten-Unversehrtheit. Wie beim Großen Lauschangriff, bei der Raster-Fahndung und Online-Durchsuchungen war diesmal die große Koalition über das Ziel hinausgeschossen. Wolfgang Schäuble und Brigitte Zypries, die damals beteiligten Minister des Innern und der Justiz hatten eine EU-Richtlinie unstatthaft ausgeweitet - und das, obwohl die Sicherheit der gespeicherten Daten nicht einmal gewährleistet ist. Zudem waren die Grenzen der Datennutzung nicht klar festgeschrieben. Klar ist: Selbstverständlich müssen Ermittler feststellen können, welche Kontakte überführte und potenzielle Terroristen pflegen. Jeder Richter wird im bewiesenen Einzelfall dafür sofort den Weg dafür freimachen. Auch Karlsruhe lässt keinen Zweifel daran, dass das Fernmeldegeheimnis nicht für Verbrecher gilt. Die EU wird sich nicht erst bitten lassen müssen, die eigene Richtlinie zu überarbeiten. Verabschiedet hatten diese die EU-Innenminister 2008 im Rahmen kontinentaler Maßnahmen zur Terrorabwehr. Heute gilt der Lissabon-Vertrag, in dem sich die Europäer ausdrücklich auf das Grundrecht auf Datenschutz verpflichten. Auch in Brüssel wissen die Kommissare und die Abgeordneten, dass sie den Datenschutz selbst und nicht dessen Aufweichung staatlich organisieren müssen. Der Karlsruher Spruch wird ihnen Recht und zugleich Auftrieb geben.
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