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Amnesty International

amnesty international kritisiert die Lage in Weißrussland
Andersdenkende werden bestraft

Bonn (ots)

Bitte beachten Sie die Sperrfrist: Mittwoch, 21. Juni 2000, 11.00
   MESZ
Oppositionelle werden inhaftiert oder "verschwinden" /
Willkürliche Festnahme von friedlichen Demonstranten und
Lukaschenko-Kritikern / Einschüchterung von Menschenrechtlern,
Akademikern und unabhängigen Journalisten /
Menschenrechtsverletzungen bleiben straffrei
Die freie Meinungsäußerung führt auch neun Jahre nach der
Unabhängigkeitserklärung in Weißrussland zu harten Repressionen durch
den Staat. In einem heute erscheinenden Bericht kritisiert amnesty
international, dass die Menschenrechtssituation des Landes an die
Zeit der Sowjet-Machthaber erinnert. "Die mangelnde Unabhängigkeit
des Rechtssystems, die eine Aushöhlung der Gesetze bewirkt, führt zu
politischer Verfolgung und ermöglicht den Verantwortlichen für
Menschenrechtsverletzungen die Straflosigkeit", sagt Katja
Heydenreich, Weißrussland-Expertin der deutschen Sektion von amnesty
international.
Der ai-Bericht dokumentiert zahlreiche Menschenrechtsverletzungen
aus den vergangenen zwei Jahren. Dazu gehören die Festnahme und das
"Verschwindenlassen" von Oppositionellen, Misshandlungen durch die
Polizei sowie willkürliche Festnahmen von friedlichen Demonstranten
und systematische Einschüchterungen gegen Menschenrechtler,
Akademiker und unabhängige Journalisten.
1999 war nach Auffassung von amnesty international ein
dramatisches Jahr für die weißrussische Opposition. So wurde Andrej
Klimow im März dieses Jahres zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt,
weil er auch nach der zwangsweisen Auflösung des Parlaments durch
Präsident Alexander Lukaschenko im November 1996 nicht aufhörte, dem
Staatschef vorzuwerfen, gegen Gesetz und Verfassung verstoßen zu
haben. Um eine Verurteilung zu ermöglichen, wurde Klimow in der
Anklage vorgeworfen, öffentliche Gelder unterschlagen zu haben.
Andere führende Oppositionelle sind offensichtlich "verschwunden".
Der frühere Innenminister, Juri Sacharenko, wurde seit Mai 1999,
Viktor Gontschar, Leiter des inoffiziellen Wahlausschusses und sein
Kollege Anatoli Krassowski wurden seit September 1999 nicht mehr
gesehen. Die weißrussischen Behörden haben ihr "Verschwinden" nicht
angemessen untersucht.
"Wer die Regierung und Präsident Lukaschenko kritisiert, riskiert
Gefängnis", sagt Katja Heydenreich. So verbrachte der Physikprofessor
Juri Bandaschewski, der zurzeit in Minsk auf seinen Prozess wartet,
sechs Monate im Gefängnis. Offiziell warf man ihm vor,
Bestechungsgelder von Studenten angenommen zu haben, doch amnesty
international führt seine Inhaftierung auf seine Kritik am
staatlichen Forschungsprogramm über die Auswirkungen der nuklearen
Katastrophe von Tschernobyl auf die Gesundheit der Bevölkerung
zurück.
In den vergangenen zwei Jahren dokumentierte ai wiederholt
willkürliche Festnahmen und Misshandlungen von Hunderten von
Lukaschenko-Kritikern. Eine von mindestens 200 Demonstranten, die
während eines Freiheitsmarsches im Oktober 1999 festgenommen wurden,
war die dreifache Mutter Olga Baryalai. Während des Transports in ein
Gefängnis mit einem Polizeibus traten und schlugen die Polizeibeamten
die Festgenommene, fluchten und spuckten sie an, schlugen sie mit
Knüppeln und zwangen sie auf den Boden des Polizeibusses. Bei der
Ankunft in der Haftanstalt wurde Olga Baryalai zwar freigelassen, die
Polizei drohte ihr jedoch an, sie zu vergewaltigen und sie und ihre
Familie zu bestrafen.
Menschenrechtsverteidiger waren ebenfalls Opfer von Repressionen
durch die staatlichen Behörden. Die renommierte Rechtsanwältin Vera
Stremkowskaja war verschiedenen Einschüchterungsversuchen ausgesetzt.
Mehrmals wurde ihr die Festnahme angedroht. Ein weiterer
Menschenrechtler, Oleg Voltschek, Vorsitzender einer unabhängigen
Kommission, die das offensichtliche "Verschwinden" von Juri
Sacharenko untersucht, wurde von Polizeibeamten nach einer
Demonstration im Juli 1999 misshandelt und bewusstlos geschlagen. Die
Büros verschiedener Menschenrechtsorganisationen wurden bei
Polizei-Razzien durchsucht, Material und Ausrüstung wurde
konfisziert. Bei verschiedenen Organisationen wurde eingebrochen,
wobei wertvolle Computer und Dokumente gestohlen wurden. Einigen
Organisationen wurde die Räumung ihrer Büros angedroht. "Präsident
Lukaschenko muss dafür sorgen, dass die Menschenrechtler ungestört
arbeiten können und endlich jede freie Meinungsäußerung zugelassen
wird", fordert Katja Heydenreich.
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