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Amnesty International

Russland
"Säuberungsaktionen" in Tschetschenien treffen vor allem Zivilisten

Bonn (ots)

amnesty international beklagt schwere
Menschenrechtsverletzungen in Russland / Lage der Zivilbevölkerung in
Tschetschenien nach wie vor sehr ernst / Verantwortliche werden nicht
zur Rechenschaft gezogen / Russland erkennt Resolution der
UNO-Menschenrechtskommission vom April 2001 nicht an / amnesty
international fordert internationale Untersuchungskommission
Berlin, 24. September 2001 -  Anlässlich des morgen beginnenden
Staatsbesuches des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin
weist amnesty international darauf hin, dass die Lage der
Zivilbevölkerung in Tschetschenien unvermindert kritisch ist. Die
Menschenrechtsorganisation fordert die Einsetzung einer
internationalen Untersuchungskommission, damit die Verantwortlichen
für schwere Menschenrechtsverletzungen nicht länger straflos agieren
können.
"Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hat in ihrer
diesjährigen Sitzung eine Resolution über die Lage in der
Tschetschenischen Republik verabschiedet. Darin zeigt sie ihre
Besorgnis über Berichte von schweren Menschenrechtsverletzungen gegen
Zivilisten. Die Lage der tschetschenischen Zivilbevölkerung hat sich
seitdem nicht verbessert", stellt Peter Wittschorek, Russland-Experte
der deutschen Sektion von amnesty international fest.
amnesty international erhält auch in jüngster Zeit zahlreiche
Berichte über "Säuberungsaktionen" durch Angehörige der russischen
Armee. Bei diesen Aktionen werden vor allem Zivilisten Opfer von
"Verschwindenlassen", außergerichtlichen und summarischen
Hinrichtungen, Folter, Misshandlungen sowie willkürlichen
Inhaftierungen in geheimen und provisorischen Hafteinrichtungen. So
wurden während einer "Säuberungsaktion" am 2. Juli 2001 in
Sernowodosk (nahe der Grenze zu Inguschetien) mehrere hundert
Bewohner der Stadt von russischen Soldaten festgenommen. Berichten
zufolge sollen die Festgenommen auf einem Feld außerhalb der Stadt
geschlagen worden sein. Einige sollen mit Elektroschocks gefoltert
und durch speziell abgerichtete Hunde gebissen worden sein. Die
Misshandlungen sollen im provisorischen Haftzentrum von Achkoj-Martan
fortgesetzt worden sein. In einigen Fällen ist das weitere Schicksal 
der Festgenommenen bis heute ungeklärt.
Nur in Ausnahmefällen werden die Verantwortlichen für solche
Übergriffe zur Rechenschaft gezogen. Die Ermittlungen der russischen
Behörden sind in der Regel unvollständig und ineffektiv. So wurden in
der Ortschaft Dachny seit Januar 2001 mindestens 51 Leichen gefunden.
In keinem Fall ordneten die Behörden eine Autopsie an. In vielen
Fällen wurden die Toten sogar ohne Identifizierung begraben. "Die mit
der Untersuchung solcher Vorfälle beauftragten Organe sind weder
materiell angemessen ausgestattet, noch verfügen sie über die nötigen
Befugnisse", erklärt dazu ai-Experte Peter Wittschorek.
Die russische Regierung hat die Resolution der
UNO-Menschenrechtskommission zurückgewiesen und zeigt weiterhin kaum
Bereitschaft, umfassende Untersuchungen zu den schweren
Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten durchzuführen. amnesty
international fordert sie deshalb auf, eine mit umfangreichen
Befugnissen ausgestattete internationale Untersuchungskommission nach
Tschetschenien einreisen zu lassen.
An Bundespräsident Rau und Bundeskanzler Schröder appelliert
amnesty international sich nachdrücklich dafür einzusetzen, dass
  • die russische Regierung für ein sofortiges Ende schwerer Menschenrechtsverletzungen an der tschetschenischen Zivilbevölkerung sorgt;
  • alle Vorfälle gründlich untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;
  • die Regierung in Moskau die diesjährige Resolution der UNO-Menschenrechtskommission zu Russland offiziell anerkennt und
mit den UNO-Sonderberichterstattern über Folter, über 
     außergerichtliche, summarische und willkürliche Hinrichtungen 
     und über Binnenvertriebene zusammenarbeitet.
"Die Bundesregierung sollte dem russischen Präsidenten deutlich
machen, dass sie ein kompromissloses Vorgehen gegen diejenigen
erwartet, die für schwere Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten in
Tschetschenien verantwortlich sind" unterstreicht Peter Wittschorek.
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