Bayerisches Fernsehen
Montag, 6. August 2007, 21.45 Uhr
Tsunami-Alarm im Mittelmeer
München (ots)
Am 30. Dezember 2002 rennt ein italienischer Vulkanforscher auf Stromboli, der nördlichsten der Liparischen Inseln, um sein Leben. Schon Wochen zuvor war der Stromboli-Vulkan besonders aktiv gewesen. Auch an jenem Dezembertag waren die Wissenschaftler des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie, kurz INGV, wieder auf der Insel. Der Gipfel des Stromboli hüllte sich in hellgraue Rauchwolken, immer wieder donnerten schwere Lavabrocken den steilen Abhang hinunter. Dann plötzlich am Mittag, nur übertönt von der winterlichen Brandung des Thyrrenischen Meeres, rutschte der ganze Hang ab. 150 Millionen Kubikmeter Lava schoben sich ins Wasser und lösten einen Tsunami aus, der Minuten später die schwarzen Strände der Ferieninsel traf. Sechs Meter war er hoch, dreimal kam er wieder, verwüstete zahlreiche Häuser. Menschen kamen diesmal nicht zu Schaden, es waren nur ein paar Einheimische auf der Insel, die sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.
Das Mittelmeer ist eine von seinen vielen Millionen Bewohnern und Gästen weitgehend unterschätzte Gefahrenzone. Hier kollidieren die afrikanische und die eurasische Kontinentalplatte, hier bebt die Erde, hier sind zahlreiche Vulkane aktiv, über und unter Wasser. Allein in Italien hat der italienische Erdbebenforscher Stefano Tinti in den letzten 2.000 Jahren 70 Tsunami-Ereignisse ausgemacht, darunter ein Dutzend der höchsten Stufen 5 und 6, mit maximaler, todbringender Zerstörungskraft. 1908 verwüstete ein Erdbeben der Stärke 8 auf der Richterskala die sizilianische Hafenstadt Messina. 80.000 Menschen kamen ums Leben. Was kaum bekannt ist: das Beben löste einen Tsunami aus, der weitere 1.000 Bewohner dahinraffte.
Spätestens seit den Tsunamis, die in den letzten Jahren Südostasien heimsuchten, fragen sich auch in Europa Wissenschaftler, wie wahrscheinlich eine Monsterwelle etwa im Mittelmeer ist. Durch welche Ereignisse könnte ein Tsunami ausgelöst werden: durch ein Erdbeben, ein Vulkanausbruch oder durch einen Erdrutsch unter dem Meeresspiegel? Wie könnte man die Menschen vor einer solchen Katastrophe schützen und wäre die Installierung von Frühwarnsystemen überhaupt sinnvoll, wenn die Flutwellen innerhalb von Minuten auf Land treffen? Aber noch wissen die Forscher viel zu wenig ...
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