Erstes Deutsches Fernsehen
ARD
Sonntag, 5. August 2001, 13.15 Uhr
/ Weltreisen
München (ots)
Römische Skizzen Geschichten rund um den Stiefel
1. Mit Feuerfontänen und Lava-Ausbrüchen hält er seit einigen Tagen Italien in Atem, alles blickt auf den aktivsten Vulkan Europas, den Ätna. Nicht allzu weit davon entfernt gibt es noch einen Vulkan, sozusagen den kleinen Bruder des Ätna: Stromboli. Nicht so gewaltig, aber dennoch stetig zeigt auch der Stromboli, dass er ein Feuerberg ist. Zehntausende Touristen erklimmen alljährlich die steilen Hänge des Vulkans, um sich an seinen vor allem des Nachts sichtbaren Eruptionen zu ergötzen. Wie jeder Vulkan ist aber auch der Stromboli nicht zu unterschätzen - unvermittelt und selbst für Experten schwer einzuschätzen schleudert er nicht selten riesige Lavabrocken viele hundert Meter weit auf die grünen Tallagen oder ins Meer, auf seiner berühmten Westseite stürzen permanent ausgestossene und abgekühlte Magmamassen als mehr oder weniger große Geröll-Lawinen ins tiefschwarze Meer. Schon der ununterbrochene Ausstoß dichter gelber Schwefelwolken nötigt dem Betrachter selbst aus der Distanz Respekt vor dem "kleinen Riesen" ab.
2. Vulkanisches Magma als Kunstobjekt - auf der nahe Stromboli gelegenen Insel Lipari, die ebenfalls vulkanischen Ursprungs ist, frönt der Maurer Franco seiner künstlerischen Leidenschaft - Skulpturen formen aus Vulkangestein. Schier unzählige Variationen und Kombinationen an vulkanischer Schmelzmasse scheint es zu geben uns so hämmert, meißelt und bohrt Franco aus besonders schönen Rohlingen, die er am Strand, unter Wasser oder auch in den Höhenzügen der Insel gefunden hat, seine Kunstwerke. Dabei liegt Franco kommerzielle Interesse fern. Obwohl von den Einheimischen schon mehrfach zur Einrichtung einer Galerie aufgefordert, formt Franco seine Skulpturen nur für sich und seine Familie. Die Freude, damit seine Wohnung in Lipari auszustatten, diese Freude, so sagt er, genügt ihm voll und ganz.
3. In Rom ist er ein Exot, denn die Musik die er macht, ist in Rom eher unpopulär, nichtsdestotrotz hat er eine treue örtliche Fangemeinde: Roberto Giotti ist der Blues-Musiker der Ewigen Stadt, in einem Musikkeller römischen Stadtteils Trastevere spielt er mit seiner Band in den kühlen Wintermonaten auf, im Sommer gibt er Open-Air-Konzerte. Obwohl völlig gegen den örtlichen musikalischen Trend erspielt sich Roberto Giotti Abend für Abend seinen Platz in der Musikszene; die Nische, die er für sich und seine Band in Rom geschaffen hat, würde ihm selbst eigentlich genügen. Dass nun aber doch mehr und mehr internationales Interesse an diesem "Blues-Römer" aufkeimt, das überrascht ihn selbst am meisten.
4. Niemand würde ahnen, dass das baufällig erscheinende Gebäude in Rom, in dem die Familie Veschi arbeitet, denkmalgeschützt ist. Aber noch älter als die Werkstatt ist das Kunsthandwerk, das die Veschi mit großer Akribie ausüben. Von filigranen Miniaturen bis hin zu Tür- und Fensterbeschlägen nach antiken Vorlagen: Alles, was sich aus erzhaltigen Grundbestandteilen gießen läßt, das bearbeiten die Spezialisten mit großer Leidenschaft und Freude zum Detail - und selbstverständlich alles in Handarbeit. In dem alten römischen Handwerksbetrieb spielten auch Aufträge des Vatikans eine bedeutende Rolle: so wurde etwa der Hammer, mit dem Papst Paul VI. im Jahr 1975 die Heilige Pforte zum Petersdom öffnete, in der Werkstatt der Familie Veschi hergestellt. Die Bearbeitung der verschiedenen Materialien erfolgt nach mittelalterlichen Methoden, zum Beispiel werden die Gussnegative mittels einer schwarzen Erde hergestellt, die es nur in Frankreich gibt. Doch recht viel mehr wollen die Handwerker nicht verraten, Material und Verarbeitungsmethoden sollen Berufs- bzw. Familiengeheimnis belieben - wie seit vielen Jahrhunderten schon.
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