Auch Städtisches Klinikum Karlsruhe war an Bluthandel mit DDR beteiligt
Klinikum-Geschäftsführung bestätigt Import von Blutkonserven
Mainz (ots)
Auch das Städtische Klinikum Karlsruhe war am Bluthandel mit der DDR beteiligt. Das hat die Geschäftsführung des Klinikums auf Anfrage des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" bestätigt. "Nach unseren Recherchen ist davon auszugehen, dass das Städtische Klinikum Karlsruhe zwischen 1988 und 1990 Blutpräparate von der Fa. Humedia bezogen hat. Dass es sich dabei um Blutpräparate der DDR handelte, war bekannt", erklärten Geschäftsführer Prof. Dr. Martin Hansis und Geschäftsführer Markus Heming in einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme für "Report Mainz". Das Angebot sei damals "unter vielen Aspekten geprüft" worden. Es hätten sich "zum damaligen Zeitpunkt keine Bedenken gegen die Vertragsbeziehungen mit der DDR ergeben".
Aus einer internen Stellungnahme des Oberbürgermeisters der Stadt Karlsruhe vom 22.12.1993 für eine Gemeinderatssitzung am 8.2.1994 (Vorlage 1873), die "Report Mainz" vorliegt, geht hervor, dass aus Sicht der Stadt damals nicht zuletzt Preisüberlegungen hinter dem Bluthandel standen: "Die Überlegung war, die bestehenden Probleme in der Blutversorgung zu mindern, eine Unabhängigkeit vom Monopolisten DRK zu erreichen und eine preisgünstige Einkaufsquelle zu erschließen." Weiter heißt es hier: "Die Ersparnis für das Klinikum lag bei 900.000 DM abzüglich der eigenen Kosten für den Weitervertrieb, gerechnet über die gesamte Vertragsdauer 1988/90." Das Klinikum hatte laut Stellungnahme zudem die Absicht, weitere Kliniken in der Bundesrepublik zu beliefern und den Gewinn dafür einzustreichen. Dieses Geschäft habe das Deutsche Rote Kreuz (DRK) damals jedoch zu verhindern versucht. Aus dem Dokument geht weiter hervor: "Allen Beteiligten war damals klar, dass man Verträge mit einem sozialistischen Regime abgeschlossen hatte. Es bestand aber kein Anlass, an der Vertrauenswürdigkeit der Geschäftspartner zu zweifeln."
Die Geschäftsführer des Klinikums erklärten in ihrer Stellungnahme für "Report Mainz": "Über die Gewinnung der Blutpräparate lagen nach unseren Recherchen keine Erkenntnisse vor. Zudem wäre es aus unserer Sicht weder ethisch vertretbar noch rechtlich zulässig, Blutpräparate zweifelhafter Qualität zu verwenden oder Blutprodukte zu verwenden, die nicht aus freiwilligen Spenden stammen."
Die DDR versuchte damals, den Bluthandel mit dem Westen geheim zu halten. DDR-Bürger, die staatlichen Aufrufen zum Blutspenden in gutem Glauben gefolgt waren, wussten nicht, dass ihre Spenden für Devisen in den Westen verkauft wurden, anstatt den Bedürftigen in DDR-Krankenhäusern zugute zu kommen. Das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" hatte zudem bereits am Dienstag, 14. Januar 2014, berichtet, dass die SED-Diktatur Mitte der 80er Jahre sogar Häftlingen Blut abnahm, um es gegen Devisen in den Westen zu verkaufen. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Studie des Historikers Tobias Wunschik im Auftrag der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) mit dem Titel "Knastware für den Klassenfeind. Häftlingsarbeit in der DDR, der Ost-West-Handel und die Staatssicherheit (1970-1989)" hervor. Eine Blutentnahme bei Häftlingen lässt sich aus Stasi-Akten derzeit für den Zeitraum 1983/84 belegen.
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