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LKA-Berlin fordert besseren Schutz vor Erbschleicherei und dem Missbrauch von Vorsorgevollmachten
"Report Mainz" am Dienstag, 28. Januar 2020, 21:45 Uhr im Ersten

LKA-Berlin fordert besseren Schutz vor Erbschleicherei und dem Missbrauch von Vorsorgevollmachten / "Report Mainz" am Dienstag, 28. Januar 2020, 21:45 Uhr im Ersten
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Mainz (ots)

Laut Landeskriminalamt Berlin würden immer mehr alte Menschen Opfer von Erbschleichern und Betrügern werden. Die Täter blieben in der Regel straffrei, da die gesetzlichen Grundlagen für eine effektive Strafverfolgung nicht ausreichend seien. Kriminaloberkommissarin Annett Mau sagt im Interview mit "Report Mainz": "Wir stellen fest, dass mindestens zwei Drittel der Verfahren eingestellt werden und sollten sie bis zu Gericht kommen, enden die meistens mit einem Freispruch." Erfolgreiche Strafverfahren seien ihr im Grunde nicht bekannt, erklärt die Kommissarin weiter. Ihre Dienststelle habe den Gesetzgeber schon mehrfach darauf hingewiesen, bisher ohne Erfolg.

Missbrauch von Vorsorgevollmachten

Haupteinfallstor für Kriminelle seien sogenannte Vorsorge- oder Generalvollmachten. Diese würden von Kriminellen erschlichen, um die hochbetagten Senioren dann um ihr Vermögen zu bringen. Annett Mau beschreibt das Vorgehen wie folgt: "Täter kommen in ein Gefüge hinein und machen sich gut, also beliebt. Sie kümmern sich, bieten Hilfe an. Nach dem Gutmachen machen sie alle anderen potenziellen Kontrolleure, Aufpasser schlecht, das nennen wir Schlechtmachen. Und der dritte Schritt ist das Wegmachen, sprich das Vermögen wird einfach weggenommen." Auch zahlreiche Fachanwälte für Erbrecht sehen diese Entwicklung. Vorsorgespezialist Dietmar Kurze erklärt "Report Mainz": "Es ist eine ganz klare Zunahme von Missbrauch von Vollmachten festzustellen. Es geht oft um ganz erhebliche Beträge, ganze Vermögen, mehrere Immobilien, viele Hunderttausende oder sogar Millionen auf den Konten, die vom einem zum anderen wechseln."

Opposition fordert Maßnahmen gegen die finanzielle Ausbeutung von Senioren

In einem Antrag an den Bundestag, der "Report Mainz" vorliegt, fordert die FDP-Fraktion ein "Maßnahmenpaket gegen die finanzielle Ausbeutung älterer Menschen". Der Bundestag solle die Bundesregierung dazu auffordern, eine wissenschaftliche Studie zum Ausmaß des finanziellen Missbrauchs älterer Menschen in Auftrag zu geben sowie dieses Delikt gesondert in der Polizeistatistik zu erfassen. Außerdem solle der Bundestag den Aufbau einer "zentralen und unabhängigen Beratungs- und Anlaufstelle für Opfer und Angehörige von finanzieller Ausbeutung älterer Menschen auf Bundesebene" fordern. Auf Nachfrage von "Report Mainz" erklärt das Bundesjustizministerium, man plane weder statistische Erhebungen über Straftaten zum Nachteil älterer Menschen noch eine nationale Anlaufstelle für Opfer. Außerdem werde aktuell "kein Bedarf für gesetzgeberische Änderungen" zur besseren Strafverfolgung der Täter gesehen. Die Rechtslage sei ausreichend.

Schweiz startet nationale Anlaufstelle "Alter ohne Gewalt"

In der Schweiz gibt es seit April 2019 eine nationale Anlaufstelle mit dem Titel "Alter ohne Gewalt". Auf einer Internetseite wird auf das Thema aufmerksam gemacht, außerdem gibt es eine zentrale Telefonnummer. Hier können sich Betroffene oder Zeugen von finanziellem Missbrauch melden. Überall in der Schweiz gibt es Beratungsstellen, die diese Fälle erfassen und Hilfe organisieren. In Zürich engagiert sich der ehemalige Stadtarzt Albert Wettstein in einer solchen Beratungsstelle. Er erklärt, das Thema müsse ohne Scham diskutiert werden: "Das Entscheidende ist, dass die Zivilgesellschaft sich des Problems bewusst ist und dann merkt, jetzt müssen wir etwas machen, und dann eine Instanz hat, wo man hingehen kann. Man sollte in Deutschland wissen, wo muss ich mich melden, wenn ich das Gefühl habe, meine Tante wird ausgenommen von ihrem Sohn oder von sonst jemandem."

Repräsentative Studie zum Ausmaß des finanziellen Missbrauchs

Das Kriminologische Institut der Fachhochschule Westschweiz hat 2018 eine repräsentative Untersuchung zum Umfang des finanziellen Missbrauchs älterer Menschen durchgeführt. Die Wissenschaftler befragten 1.257 Menschen im Alter 55+ und kamen zu dem Ergebnis, dass in der Schweiz jährlich ein Schaden von 420 Millionen Franken durch finanziellen Missbrauch entsteht. Auftraggeber der Studie war die Organisation Pro Senectute. Deren Sprecher Peter Burri Follath erklärt gegenüber "Report Mainz" man sei über die Höhe der Schadenssumme sehr erstaunt gewesen. Besonders gefährdet seien hochbetagte Senioren, die über 85 Jahre alt sind. In dieser Gruppe war jeder zehnte von finanziellem Missbrauch im privaten Umfeld betroffen, also rund 40.000 Senioren. Übertragen auf Deutschland ergäbe das rund 230.000 Betroffene allein bei den Hochbetagten.

Weitere Informationen auf der Internet-Seite https://www.swr.de/report

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion "Report Mainz" an, Tel.: 06131/929 3 3351/2

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